150 Jahre „Das Kapital“ in der SZ

Die Süddeutsche Zeitung hat ein Dossier zum 150. Jahrestag des Erscheinens von Karl Marx‘ Kapital gemacht. Da durften die Volontär*innen der SZ ran. Sie hat „Experten befragt“, tatsächlich Frauen und Männer. Alle Antworten sind online nur hinter einer Paywall zugänglich. Die mir gestellte Frage lautete:

Was hätte Marx dazu gesagt, wenn Roboter die Arbeit von Menschen übernehmen?

Ich habe die Antwort von unterwegs geschrieben, und es ging hin und her. Die letzte Version ist nicht von mir. Ich habe sie erst in der Zeitung gelesen. So sieht sie aus (abgetippt):

Marx hatte eine Hassliebe zum Kapitalismus. Er hätte Roboter bejubelt und verdammt. Bejubelt, weil sie eine großartige Innovation darstellen und Arbeit überflüssig machen. Verdammt, weil sie Arbeit überflüssig machen und damit die Existenz von Menschen gefährden. Durch Roboter entsteht Nützliches, die Menschen könnten reich sein, weil sie alles, was sie zum Leben brauchen, ganz einfach bekommen könnten. Doch das will die kapitalistische Logik nicht. Waren müssen gekauft werden, und zwar mit Geld, das erst verdient werden soll. Bloß, von welcher Arbeit, wenn keine mehr für den Menschen übrig bleibt, weil Roboter sie erledigen? Die Maschinen verhalten sich aber auch nicht systemoptimal. Sie kaufen nicht ein. Das versetzt alle in eine verflixte Lage: Die Menschen haben keine Arbeit und kein Geld. Die Roboter haben Arbeit, kaufen aber nicht ein. Wird also menschliche Arbeit ersetzt, geht Wert verloren, die Preise fallen, die Produkte kosten nichts mehr. Der Kapitalismus fährt sich selbst gegen die Wand, der technische Fortschritt rationalisiert ihn radikal weg. Alles Geld würde in die Finanzspekulation fließen, weil es in Produkte investiert keinen Gewinn mehr brächte. Der nächste große Finanz-Crash käme früher oder später. Wegen dieser menschenunfreundlichen Entwicklung würde Marx heute eine radikale Lösung vorschlagen; nur die Macht zu ergreifen und umzuverteilen, wäre ihm nicht genug. Er würde das Geld aus dem Spiel nehmen und mit ihm den Markt und die Konkurrenz. Das Stichwort heißt Commons und meint, das, was die Menschen brauchen, produzieren sie gemeinschaftlich, nutzen und teilen es. In solch einer Gesellschaft wären Marx die Roboter hoch willkommen.

Stefan Meretz ist Diplom-Ingenieur, Informatiker und arbeitet für das Commons-Institut. Er lebt als freier Autor in Bonn.

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Zur chilliger Hintergrundmusik noch ein Erklär-Video der SZ zu Marxschen Begriffen. Nicht so schlecht und mit lustigem Ende: „Irgendwann reicht es den Arbeitern. Sie lehnen sich auf. Das Unvermeidliche passiert: die Revolution“.

Ein Kommentar

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