SOPA, ACTA, Urheberrecht = Marktwirtschaft
SPONs Konrad Lischka wirft sich in die Bresche:
Wer die Markwirtschaft (sic!) akzeptiert, aber Urhebern das Recht aufs Wirtschaften abspricht, ist ein Heuchler.
Er hat ja sowas von recht. Allerdings ganz anders als er denkt.
Lischka echauffiert sich über die Anti-SOPA– und Anti-ACTA-Proteste, deren Stoßrichtung er so sieht:
Das Urheberrecht ist das eigentliche Übel, ein vormodernes Überbleibsel aus analogen Zeiten, das heute die Freiheit fast aller Menschen einschränkt, nur einer winzigen Minderheit nützt.
Das ginge ja nun nicht. Eigentlich ist das Urheberrecht nämlich ganz toll, es sei geradezu ein Freiheitsgesetz. Es ermögliche die Selbstverwertung.
Auch die übliche Polemik gegen die Content-Mafia sei daneben, denn letztlich ermögliche das Urheberrecht an dieser Mafia teilzuhaben. Das Urheberrecht ermögliche ein Einkommen (auch Kleinvieh macht Mist…), und die Urheber (ja, nur Männer) hätten die Möglichkeit, ihre Rechte an einen Verwerter zu verkaufen, um sich »aufs Schreiben, Komponieren, Gestalten zu konzentrieren statt selbst zu vermarkten«. Dass »vermarkten« nicht erst dann stattfindet, wenn man Rechte an Verwerter verkauft, sondern schon bei jenem »Schreiben, Komponieren, Gestalten« auf die Verkaufbarkeit hin, kommt dem Autor nicht in den Sinn. Aber das nur am Rande.
Der wichtigste Punkt trifft nämlich voll ins Schwarze.
Im Aufruf zur Anti-ACTA-Demo in Berlin, die heute stattfindet, lautet eine Forderung:
Wir setzen uns für ein modernes, verständliches und menschenfreundliches Urheberrecht ein, das die Interessen von Kreativen und Nutzern vereint.
Hübsch. Haben auch wir als mitaufrufender Blog unterstützt. Es ist eine subversive Forderung. Denn bei Lichte besehen — und darauf weist Lischka hin — kann es das nicht geben: Vereinigung der Interessen von Kreativen und Nutzern. Es bedeutet nämlich übersetzt, die Interessen von Verkäufern und Käufern zu vereinen. Doch die einen wollen viel einnehmen (oder wenigstens etwas) und die anderen wollen wenig (am liebsten gar nichts) ausgeben. Ergo: Die Interessen lassen sich nicht vereinen, sie sind gegensätzlich, einander ausschließend, geradezu feindlich. Andere reden daher statt von einer »Vereinigung« auch lieber von »Balance«, aber wie die definiert soll, habe ich noch nie verstanden.
Modern, verständlich und menschenfreundlich hingegen wäre es, das Urheberrecht abzuschaffen. Doch das geht nicht so einfach, sagt Lischka. Es sei befremdlich, dass
…die Kritiker niemals die kapitalistische Marktwirtschaft an sich in Frage stellen. Wenn man aber eine kapitalistische Marktwirtschaft für Kultur anzweifelt, kann man nicht gleichzeitig befürworten, dass neue Verwerter wie Apple, Google und Facebook Öffentlichkeit im Netz privatwirtschaftlich strukturieren.
Genau. Stimmt. That’s it. Wer vom Kapitalismus nicht reden will, soll vom Urheberrecht schweigen. Und dann aber auch von SOPA, ACTA und Co. Das ist ein logischer Zusammenhang. Und an den wollen viele Kritiker_innen tatsächlich nicht ran. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht naß. Gut erkannt, Konrad.
[Update] Die Frage ist dann nur konsequent: Wisst Ihr ACTA-Demonstranten, dass ihr für Diebstahl auf die Straße geht?
Ich stimme dem völlig zu. Und genau darin besteht das Problem: Dass eine Mehrheit sich momentan keine Produktion jenseits von Markt und Staat (als wünschenswert) vorstellen kann. Daher verfängt die Ideologie: Die Produzentinnen müssten von ihren Kreativgütern doch leben können usf. Diese (m.E. völlig falsche) Überzeugung teilen nicht nur praktisch alle Politikerinnen, sondern wohl auch die übergroße Mehrheit der Regierten. So lässt sich die Repression legitimieren, die zu weit verbreiteter Angst vor Illegalität bei den Usern sowie dem Schließen von Seiten wie BTJunkie führt. Ich frage mich, ob diese Entwicklung, gemeinsam mit dem neulich von dir beschriebenen Rückgang von freien Lizenzen, nicht Teile der Keimform-Theorie zweifelhaft werden lässt.
@Guido: Wo genau steht denn in „der Keimform-Theorie“ (whatever this is), dass mehr Repression kein möglicher Weg in der Zukunft ist?
@Benni: Schon klar, dass es „die Keimform-Theorie“ nicht gibt. Und bewusst habe ich „Teile“ geschrieben; ich glaube, dass vieles von dem, was hier diskutiert wird, (nach wie vor) ganz richtig ist. Aber vielleicht wurde (von manchen Autor-innen in manchen Texten) die Entwicklung einer die Produktionsverhältnisse sprengenden neuen Produktivkraft Internet zu positiv eingeschätzt. Momentan zeichnet sich einfach immer mehr die Option ab, dass das Netz so eingehegt wird, dass das Kapital weiter oder wieder ungestört akkumulieren kann. Es ist zumindest denkbar geworden, dass Repression und Gehirnwäsche dazu führen, dass sich kaum noch jemand traut, copyright geschütztes Material zirkulieren zu lassen. Wenn gleichzeitig die freien Lizenzen stark zurückgehen, ist die systemtransformierende Potenz der neuen Produktivkraft gebannt, oder nicht? Es könnte also sein, dass den Kapitalismus überhaupt nichts zum Commonismus treibt und die letzten 10 Jahre nur eine Episode, eine historische Nische waren. Ich sage nicht, dass es unbedingt so kommt; nur, dass momentan diese Option wieder wahrscheinlicher geworden zu sein scheint. Siehst du das anders?
@Guido: Erstmal war in den Keimformen-Diskursen immer klar, dass es keinen glatten Weg ins Paradies gibt — um das mal zugespitzt auszudrücken. Sondern das der Weg widersprüchlich sein muss. Dies schon deswegen, weil die alte und neue Produktionsweise notwendig um die Vorherrschaft ringen. Vielleicht klang es anfangs alles optimistischer, weil wir ja tatsächlich etwas neues entdeckt hatten und uns darüber freuten (die Warner_innen gab aber auch immer).
Guck dir mal zum Beispiel die dritte Stufe des Fünfschritts an. Dort ist der zentrale Widerspruch formuliert: Die entfaltete Keimform steht im Dienste der alten Systemlogik und ist gleichzeitig zu dieser inkompatibel. Geht sie völlig in der alten Logik auf, dann war’s nix mit der Inkompatibilität, und dann war’s auch keine Keimform.
In der zweiten Stufe ist eine wichtige Bedingung formuliert: die Krise. Wenn die alte Logik prima funktioniert, gibt’s keinen Grund, dass sich was Neues ausbreitet und schließlich durchsetzt. Wenn es eine Systemkrise gibt, dann kann sich etwas Neues ausbreiten und durchsetzen.
In der Krise aber, und das erleben wir jetzt gerade, ist die spontane Reaktion der Menschen, sich zunächst am Alten festzukrallen, anstatt das Risiko einzugehen, auf etwas Neues zusetzen, von dem keiner weiß, ob’s klappt. Das finde ich völlig nachvollziehbar, ist aber trotzdem blöd. Letztlich nutzt es ja nichts, denn wenn es sich bei der Krise tatsächlich um eine Systemkrise handelt, dann gibt es innerhalb der alten Logik keinen Ausweg. Dann sind wir alle gezwungen, einen qualitativ neuen Weg zu gehen. Irgendwann. Vorher kann die Zeit allerdings sehr lang werden, Rom brauchte 500 Jahre bevor es völlig am Ende war. Ok, heute geht’s schneller, aber vielleicht ja dann gerade zu schnell.
Ich denke, dass es immer noch genauso wahrscheinlich ist wie vor 10 Jahren, dass sich die commons-basierte Peer-Produktion (den Begriff hatten wir damls noch nicht) durchsetzt. Nach meiner Beobchtung halten sich ermutigende neue Entwicklungen mit Rückschlägen die Waage. Ein Durchbruch (im Fünfschritt der Dominanzwechsel in der vierten Stufe) ist allerdings derzeit nicht in Sicht. Die Widersprüche auf der dritten Stufe werden sich weiter zuspitzen (dafür stehen SOPA/ACTA beispielhaft). Das ist meine Prognose.
@Stefan: Auch in dieser Diagnose stimme ich dir wieder zu. Ich finde es nur eben wichtig, die «Rückschläge», die du ja offenbar auch siehst, nicht zu verschweigen. Einfach weil nur ein realistisches Bild der Lage gute Politik ermöglicht.Wichtig ist es auch, hier zu differenzieren. Torrent-System und Filesharing (von urheberrechtlich geschütztem Material) und commons-based peer production sind zwar beide Produktivkraftsteigerungen, die sich aus der neuen Technologie Internet ergeben haben, und lassen sich als solche über einen (Keimform-)Kamm scheren. Aber SOPA/ACTA richten sich ja nur gegen erstere. Die Differenzen sehe ich darin, dass sich die Produktivkraft des Torrent-Systems auf die Distributionssphäre beschränkt und juristisch/staatlich gefesselt wurde und wird. Während die Verbreitung der commons-based peer production und der freien Lizenzen im digitalen Bereich (wenn ich die richtigen Schlüsse aus den Kommentaren von Dr. Azrael Tod in deinem Beitrag zum Rückgang des GPL-Anteils gezogen habe) ganz ohne staatliche Repression abnimmt.Wie auch immer, entscheidend ist, dass der Kampf von alter und neuer Produktionsweise um die Vorherrschaft eben nicht nur technologisch und ökonomisch entschieden wird. Sondern auch politisch. Und da haben wir momentan das größte Problem, weil es keine größere Partei und nicht eine größere Zeitung gibt (selbst im linken Spektrum nicht), die offensiv für die Abschaffung des Urheberrechts und die Förderung der c-b pp werben würde.
@Guido:
Es gibt keinen belegten Rückgang der freien Lizenzen im digitalen Bereich, Azraels Bemerkungen sind reine Spekulation. In absoluten Zahlen gibt es sicher mehr Freie Software als je zuvor — was natürlich nichts aussagt, weil die proprietäre Software zweifellos ebenfalls gewachsen ist. Was schneller wächst, ist schwer zu sagen, ich kenne dazu jedenfalls keine belastbaren Zahlen und hab auf die Schnelle auch keine gefunden.
Aus meinen eigenen Eindrücken als professioneller Softwareentwickler wird FS in Firmen heute mehr genutzt als je zuvor (aber nicht entwickelt — die Firmen, mit denen ich es zu tun habe, machen eher Inhouse-Entwicklung, die Software wird also nicht auf den Markt geworfen, aber auch nicht freigegeben). Auch in meinem persönlichen Umfeld scheinen heute eher mehr Leute FS zu nutzen als früher, aber sowas ist natürlich immer subjektiv und wenig aussagekräftig.
Die Befürchtung, dass wegen der zunehmenden Verbreitung von Smartphones heute total viele proprietäre Apps verkauft werden und der Anteil Freier Software dadurch zurückgeht, scheint auch eher übertrieben zu sein — tatsächlich hab ich mal gelesen, dass pro Smartphone im Durchschnitt weniger als eine App verkauft wird.
@Christian: Es gibt aber eine Studie, die den Rückgang von Torrents/p2p zu belegen behauptet:
«Die Suchhäufigkeit nach Torrents hat sich in den letzten zwei Jahren mehr als halbiert. Dies ist ein Indiz mehr, dass sich die P2P-Aktivitäten in Deutschland rückläufig entwickeln. […] Dieser, besonders in Deutschland, starke Rückgang des Filesharings ist auf die Aktivitäten der Rechteinhaber zurückzuführen, Tauscher abzumahnen. Dieser legale Druck führte dazu, dass viele das Tauschen aufgegeben haben, denn man kommt ja auch anders an den gewünschten Content, eben über DDL-Blogs.» (Quelle)
@Guido#5: Es kann keine politische Partei geben, die offensiv für die Abschaffung des Urheberrechts plus Förderung der cbPP eintritt. Jede Partei muss Interessen vertreten, und die beziehen sich notwendig auf das Bestehende: Versorgung der Leute mit Geld (oder „Arbeit“).
Und zu #7: Pirate Bay schaltet Torrents demnächst ganz ab und stellt um auf Magnetlinks. Tauschen ist nicht aufzuhalten. Atmen auch nicht. Die Frage ist nicht ob, sondern nur wie getauscht wird. Wer allerdings erwartet hat, dass die Urheberextremisten still halten, hat sich geirrt. Die vertreten ihre Interessen, das ist default, auch genannt: Politik.
@Stefan: Leuchtet mir nicht ein. Es ist doch im Interesse der User, unbehelligt alles tauschen zu können. Warum sollte sich dafür keine Partei einsetzen können? Was spräche z. B. dagegen, die Linkspartei schriebe genau das in ihr Programm? (Bei den Piraten gibt es solche Vorschläge ja bereits, nur sind die eben klein und nicht groß – was m.E. die Hegemonie einer bestimmten Ideologie in unserer Gesellschaft spiegelt. Und das, wie gesagt, ist genau das Problem.)
@Stefan: Zum 2. Punkt: Getauscht wird weiter, klar. Nur eben weniger (wenn es denn stimmt). Das ist doch Punkt. Und der Grund ist einfach: Die Leute haben entweder Angst, erwischt zu werden oder sie meinen, sie würden sich damit ganz unmoralisch (den Künstlerinnen gegenüber) verhalten. Ergo: Repression und Ideologie scheinen zu wirken. Und solange sich keine Mehrheiten finden, die diese beiden Elemente attackieren, wird es, fürchte ich, so weiter gehen. Wir haben es hier mit dem Gramsci’schen Problem der Hegemonie zu tun. Wenn man zurück zur historischen Dimension will: Auch das Bürgertum musste sich politisch organisieren, um sich der feudalen Gesetze zu entledigen, die der Kapitalakkumulation im Weg standen.
@Guido #7 + #10:
Ich bezog mich ja auch auf Freie Software u.a. frei lizenzierte Werke (Peer-Produktion im eigentlichen Sinne), nicht auf illegalisiertes Filesharing (Peer-Distribution). Was das Filesharing betrifft, verrät der von dir zitierte Satz ja schon, warum P2P-Systeme wie BitTorrent in den letzten Jahren an Bedeutung verloren hatten (dass das der Fall ist, ist auch mein Eindruck): weil viele Leute stattdessen lieber Filehoster wie MegaUpload verwendet haben (DDL = Direct Download Links sind Links auf Filehoster). Nun, da die Filehoster in Bedrängnis geraten, werden BitTorrent und andere dezentrale und weniger angreifbare P2P-Verteilsysteme wieder an Bedeutung gewinnen. Das ist aus meiner Sicht die wahrscheinlichste Entwicklung.
Jedenfalls ist meinen Eindrücken nach für junge Leute (sagen wir ab Jahrgang 1985) das freie Teilen im Internet schon so selbstverständlich, dass es mit noch so viel Repression nicht mehr aus der Welt zu schaffen ist. Zumal die Repression ja auch erstmal durchgesetzt werden muss, was nicht mehr so einfach ist, wie die Proteste gegen ACTA, SOPA, Netzsperrengesetz etc. zeigen.
Dieses selbstverständliche Teilen kann dabei durchaus mit einem schlechten Gewissen gegenüber den Urheber/innen einhergehen. Das ist IMHO aber weniger eine Frage der kulturellen Hegemonie, sondern folgt aus der ja durchaus berechtigten Ahnung, dass das freie Teilen im Internet es für Kreative in vielen Bereichen schwerer macht, ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Aufheben kann man dieses schlechte Gewissen also nicht durch Erlangen der kulturellen Hegemonie bei ansonstiger Beibehaltung der kapitalistischen Verhältnisse, sondern nur dadurch, dass man das Kaufen und Verkaufen allgemein überflüssig macht.
@Guido#9: Du hast sehr spannende, absolute angesagte Fragen gestellt. Ich habe festgestellt, dass ich die nicht mal eben in einem Kommentar beantworten kann (hab’s versucht). Das werde ich, wenn du dich etwas gedulden magst, nun in einem eigenen Artikel tun.
Ich hoffe, dass ich dann auch #10 dort integrieren kann: die Frage nach der Hegemonie und der gesellschaftlichen Transformation. Mal sehn. Vielleicht auch extra. Christian hat ja auch schon was dazu gesagt.
@Stefan#12: Da bin ich natürlich sehr gespannt und freu mich drauf!
@Christian#11: Du sprichst verschiedene wichtige Punkte an, deswegen antworte ich etwas länger.
Zunächst: Ich stimme dir zu, dass es darum geht, den Kapitalismus zu überwinden und damit Verkaufen/Kaufen überflüssig zu machen. Ich stimme dir auch zu, dass „schlechtes Gewissen“ beim illegalen DL oder P2P (in manchen, nicht allen Fällen) berechtigt und verständlich, ja sogar richtig ist. Das gilt aber genauso in folgenden Fällen: Bei Lidl kaufen, statt beim sympathischen Bio-Türken nebenan. Nicht jeder Obdachlosen 5 Euro geben. Tiere essen. Fliegen statt Zugfahren. Die Beispiele ließen sich lange fortsetzen.
Der Unterschied ist, dass in den genannten Fällen kein ideologischer+repressiver Staatsapparat angeworfen wird, um die unmoralischen Praktiken zu unterbinden. Im Gegenteil. Das meine ich mit Hegemonie. (Und natürlich ist das nicht die Hegemonie der Künstlerinnen, die uns unterdrücken. Schöner wärs. Sondern die der kapitalistischen Ideologien. TINA und wie sie alle heißen.)
Das Problem besteht ja eben darin, wie wir von hier und heute zum Commonismus kommen. Dass der dann die Lösung vieler (nicht aller) heutiger Verwerfungen und Widersprüche sein sollte – da herrscht doch bei allen hier Konsens. Wie auch in der Meinung, dass cbPP und freier Austausch für die Transformation eine Ausgangsbasis bilden.
Die Frage, die ich aufwerfen wollte, ist: Falls es stimmt, dass cbPP sowie P2P rückläufig sind (wofür zumindest Indizien sprechen), und wenn es ferner stimmt (wie ich glaube), dass dazu ideologische, politische und ökonomische Faktoren beitragen – wie gehen wir mit dieser Lage um?
Ich denke, dass wir um politische Organisation nicht herumkommen. Und, um einem Missverständnis vorzubeugen, was evtl. aus meinen Beiträgen #5 und #9 entstanden sein könnte: Ich meine nicht, dass diese partei-förmig sein sollte. Viel vielver- und ansprechender finde ich verschiedene Formen radikaler Demokratie und direkter Aktion, die ja in den Revolution und Protesten der letzten Jahre (und, immer mal wieder, schon immer) bereits praktiziert und diskutiert wurden. Aber auch diese müssen eben organisiert werden.
@Christian#11: Eine Sache habe ich vergessen, auf den Mittelteil bezogen. Ich glaube, du bist zu optimistisch. ACTA wurde nicht in erster Linie des Protests wegen gestoppt (der im Übrigen so massenhaft ja nun auch nicht war). Sondern, weil das handwerklich so schlecht gemacht zu sein scheint, dass auch liberale Politikerinnen die möglichen Konsequenzen fürchten, die schlicht nicht absehbar sind. Sehr zu denken geben muss uns, in wie vielen Ländern es dennoch unterzeichnet wurde!
Das heißt leider nicht, dass nicht andere wirksame Gesetze zur Kriminalisierung von torrents & co. gefunden werden würden. Meine Prognose: Sowohl Repression als auch Propaganda werden eher zu- als abnehmen. Weder die Protestformen von Anonymous noch Demos werden daran viel ändern. Und das «fehlende Unrechtsbewusstsein» der jüngeren Generation ist gut und schön, wird ihr gegen Geld- und Haftstrafen aber auch nicht helfen.
Ich hoffe natürlich, dass ich mich irre.
Ergänzend zu meinem Kommentar #6…
…habe ich bei SpOn interessante Zahlen zu den Umsätzen von Apple gefunden:
Geld verdient man heute mit Hardware (oder mit Werbung, wie Facebook und Google es machen), nicht mit Inhalten oder Software (Apps). Daran hat auch Apples Appstore-Modell nichts ändern können. Die Befürchtung (bzw. Hoffnung, je nach Perspektive), dass die zunehmende Verbreitung von Smartphones und Tablets dazu führt, dass die Software+Inhalte-Produktion wieder „eingefangen“ und doch wieder zu einem signifikanten Sektor der kapitalistischen Wertproduktion wird, lässt sich mit dem vorhandenen Zahlenmaterial nicht belegen.