Geistiges Eigentum beim G8-Gipfel
… interessiert (fast) keine Socke, so kommt’s mir vor. Da finde ich ja prima, dass es nun überhaupt eine »zivilgesellschaftliche Erklärung« zu diesem Gipfelthema gibt. Vermutlich wurde die Erklärung jedoch so lasch und schwankend — geistiges Eigentum, ja bitte, aber nicht zu doll — formuliert, um möglichst viele Unterstützer zu gewinnen. Na ok. Aber …
…das hier ist doch echt grenzwertig: »Wir fordern, dass Staaten für sich selbst die angemessene Höhe des Schutzes durch geistige Eigentumsrechte wählen können.« — Hallo, geht’s noch? Da war doch sogar Attac mal weiter. Dabei geht es doch auch klarer: Geistige Monopolrechte auf essenzielle Güter wie Medikamente und Saatgut müssen ausgeschlossen sein. Basierend auf entsprechenden UN-Konventionen könnten solche »essentiellen Güter« auf einer Positivliste definiert werden. Das alles wäre noch nicht mal besonders umwerfend, aber wesentlich näher an den Bedürfnissen der Menschen in weiten Teilen der Welt.
Was gibt’s sonst noch im Netz? Eine kurze Suche ergab nicht viel. Das globalisierungskritische Filmfestival globale07 hat eine eigene Rubrik zum geistigen Eigentum, außerdem gibt’s eine nette Radio-Collage zu Merkels Rede zum Thema geistiges Eigentum beim transatlantischen Wirtschaftsforum in Berlin im März 2007. Das G8-TV hat eine Aufzeichnung eines kurzen, aber inhaltsreichen Vortrags von Sabine Nuss zum Thema (im proprietären RealMedia-Format). Und kürzlich gesendet bei AntenneTux wurde u.a. ein Interview mit meinereiner (im proprietären MP3-Format), in dem allerdings der G8-Gipfel nur Stichwortgeber war und es vorwiegend um Sabines Buch und Freie Software geht.
Kennt ihr weitere Quellen?
Von Sabine Nuss gibts unter http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=13307 („Material Girl in an Immaterial World“) noch einen Artikel zum Thema G8/geistiges Eigentum. Dieser deckt sich aber größtenteils mit dem aufgezeichneten Vortrag von ihr. Und Sabine hat auch allgemein zum G8 Schlaues formuliert; guckst du hier: http://www.rosalux.de/cms/index.php?id=13099&type=0 (“
In Heiligendamm trifft sich nicht die Weltregierung“)
Das ist doch eine sehr weitgehende Forderung, schliesslich würde sich damit immer ein Staat finden, der solche Rechte nicht anerkennt und damit wären sie auch weltweit obsolet… Ich glaub allerdings auch, dass es so radikal nicht gemeint war 😉
Benni:
Weltweit obsolet wären sie keineswegs, schließlich würden sie für die Bürger der anderen Staaten ja weiterhin gelten. Allerdings würde es die Kriminalisierung von z.B. Tauschbörsen und deren Nutzer/innen natürlich sehr erschweren, wenn die Server in Jurisdiktionen stehen, wo sie legal sind. Und die Staaten, die beim Geistiges Eigentum regelmäßig draufzahlen (dürften fast alle außerhalb Europas und Nordamerikas sein) dürften tatsächlich geneigt sein, es stark einzuschränken, aus rein wirtschaftlichen Erwägungen. Insofern ist die Forderung radikal (im Rahmen der bestehenden Rechtsordnung und der Beschränkung auf Geistiges Eigentum), und ich denke, dass sie auch so gemeint ist.
Dass die von Stefan angenommene Lesart (die einzelnen Staaten sollen ihre IP-Gesetze auch nach Belieben verschärfen und ausweiten können) nicht gemeint ist, ergibt sich ja aus den Forderungen zu einzelnen Punkten (abgesehen davon dass das ja heute schon so ist – internationale Konventionen legen nur Mindest-, aber m.W. keine Maximalstandards fest, insofern wär’s sowieso nichts was irgend jemand erst noch „fordern“ könnte):
(Disclaimer: ich bin einer der Erstunterzeichner der Deklaration, was sich aber mehr ad hoc und zufällig ergab. Finde sie insgesamt natürlich auch zu lasch und zu eingeschränkt, kann aber mit den aufgestellten Forderungen durchaus leben.)