Der Ausdehnungsdrang moderner Commons (3/5)
Transpersonales Commoning zur Weiterentwicklung der Keimformtheorie.
6. Die Commons-Struktur
„Für uns ist Utopie zentral eine soziale Utopie, eine Utopie der Beziehungen, keine technische Utopie […]. Unsere menschliche Potenz liegt sicherlich auch in der Herstellung von technischen Mitteln, doch noch viel beeindruckender sind die menschlichen Möglichkeiten, ihre sozialen Mittel, ihre Beziehungen, ihre Vermittlung, ihre Organisation zu gestalten.“ (M/S, S.112)
Wenn auch die Potenz des Menschen in der Gestaltung seiner Beziehungen liegt, bleibt das jeweils eigene Bewusstsein immer eingeschränkt: Wir können nichts wissen, was wir nicht zuvor auf irgendeine Weise erfahren haben. Da sich komplexe Arbeitsstrukturen nicht von selbst erschließen lassen, die Gesellschaft aber nicht von einer höheren Institution aus organisiert werden soll, müssen die Produktions- und Verteilungsstrukturen durch technische Mittel durchsichtig und beeinflussbar gemacht werden. Es geht folgend nicht um eine technische Utopie – die Hoffnung etwa, im Verlauf des Kapitalismus würde auf magische Weise der Punkt kommen, an dem jede Arbeit durch Maschinen getätigt wird und Menschen einander nicht mehr ausbeuten müssen – sondern um die Anwendung der bestehenden Technik für die Utopie, damit die „neue erfahrbare Qualität der gesellschaftlichen Aufgehobenheit und Abgesichertheit“ (M/S, S.112) aus einer neuen Produktionsweise hervorgehen kann.
Transpersonales Commoning soll daher neu gedacht werden, wodurch sich allerdings der Boden des interpersonalen Commonings grundlegend ändert. Und wenn sich auch dieser Boden verändert, werden die auf dieser Ebene von Meretz und Sutterlütti beschriebenen Strukturen nicht in Frage gestellt. Da kollektive Verfügung nichts Wert-ähnliches hervorbringt, das aus sich heraus transpersonal wirken kann, wird ein Rahmen konstruiert, in welchem Selbstorganisation stattfindet und mit der interpersonalen Ebene den gesamtgesellschaftlichen Raum im Sinne einer Inklusionslogik ausfüllen kann. Die Instanz der transpersonalen Vermittlung muss dabei nicht nur Selbstorganisation ermöglichen, sondern über sie müssen auch die Dinge den Verwendungszweck zur Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse erhalten, welcher der Werteigenschaft und und ihrer Verwertungslogik entgegen steht.
Was kann also als zentrale Instanz zur Selbstorganisation und Zwecksetzung gesellschaftlicher Mittel dienen? In seiner ganzen Trivialität: Ein Programm. Was heute so banal erscheint, dass es kaum ausgesprochen werden will, ist eine gänzlich neue Banalität, eine, die erst seit wenigen Jahren in einer abertausende Jahre umfassenden Menschenheitsgeschichte überhaupt erfahrbar ist. Das Bewusstsein klebt am Stand der Produktions- und Kommunikationsmittel. Was einst fortschrittlich war, ist heute reaktionär. Was heute Alltag ist, kann etwas sein, auf das Millionen Menschen warteten, die sich nach einer ausbeutungsfreien Gesellschaft gesehnt haben. Die globale Vernetzung der Produzierenden über das Internet, das Potential Produktions- und Lebensmittel mit ihren Meta-Daten von Standort, Zustand bis zur Verfügbarkeit in Datenbanken abzuspeichern und weltweit abrufen zu können, kann der Schlüssel zu einer klassenlosen Gesellschaft sein. Zumindest für den Augenblick, denn auch Commons im Allgemeinen müssen keine langfristige Lösung sein, liegen aber heute im Bereich des Denkbaren. Um hier noch einmal das Marx-Zitat zum Verein freier Menschen zu bemühen: „Die Art dieser Verteilung wird wechseln mit der besondren Art des gesellschaftlichen Produktionsorganismus selbst und der entsprechenden geschichtlichen Entwicklungshöhe der Produzenten.“ (MEW23, S.93)
Aus dieser Perspektive und auf Grundlage der Netzwerk-Theorie (M/S, S.179) bezeichne ich die technische Vermittlungsform mit der Gesamtheit der durch das Programm entstandenen Verbindungen zwischen den Produzierenden und den gesellschaftlichen Produktionsmitteln als Commons-Netzwerk. Falls die eigenen Bedürfnisse nicht innerhalb interpersonaler Strukturen befriedigt werden können, können sie in das Programm eingespeist und durch allgemein-andere ausgelesen werden. Wie auch auf der rein interpersonalen Ebene wird die Befriedigung (virtuell) anstehender Bedürfnisse als Commoning bezeichnet (vgl. M/S, S.156). Grundvoraussetzung für transpersonales Commoning ist die Bildung virtueller Commons durch Produzierende, welche sich für eine bestimmte Bedürfnisbefriedigung virtuell zusammenfinden können oder sich dafür bereits lokal zusammengefunden haben. Indem die für Commoning verwendbaren gesellschaftlichen Produktionsmittel samt ihren Meta-Daten im Netzwerk erfasst sind, kann dieses virtuelle Commons die Verfügbarkeit der für das einzelne Commoning notwendigen gesellschaftlichen Produktionsmittel prüfen. Sind diese nicht verfügbar und kann der Fehlstand auch nicht durch private Produktionsmittel ersetzt werden, können die am Commoning-Prozess Beteiligten einen Bedarf nach dieser bestimmten Art von Produktionsmittel einspeisen. Sind dagegen sämtliche dafür notwendigen Produktionsmittel verfügbar, können sie für die Dauer des Commonings an ihre Gruppe gekoppelt werden. Spätestens mit Beginn der konkreten Tätigkeit erreicht die Gruppe eine interpersonale Ebene, in der, wie bereits im virtuellen Zusammenhang, Inklusionsbedingungen herrschen. Die Gesamtheit von tätigen Personen und verwendeten Produktionsmittel zur Befriedigung gesellschaftlicher Bedürfnisse wird schließlich als Commons bezeichnet.
Zur Veranschaulichung und parallel zum Beispiel der Solidarischen Landwirtschaft: Ein Acker, ob genutzt oder ungenutzt, steht als gesellschaftliches Produktionsmittel der Commons-Struktur zur Verfügung und ist damit auch exklusiv für Commoning bestimmt. Da ein Bedürfnis nach Kartoffeln ansteht, haben sich Einzelpersonen virtuell verbunden, um dieses Bedürfnis gemeinsam zu befriedigen. Hierfür koppeln sie den Acker und anderes Werkzeug zuerst an ihr virtuelles Commons und beginnen darauf mit dem Commoning. Der Acker ist somit nicht an sich ein Commons, er wird Teil eines Commons durch die Verbindung mit selbstorganisierter menschlicher Tätigkeit zur allgemeinen Bedürfnisbefriedigung. Die Bearbeitung des Ackers durch die Gruppe ist das fortgeführte interpersonale Commoning der transpersonalen Ebene. Als Ergebnis des Commoning-Prozesses stehen die Kartoffeln denjenigen zur Verfügung, die das Bedürfnis dafür eingespeist haben. Unerheblich ist dabei, ob sie dabei nur an sich gedacht oder Bedürfnisse aus ihrem interpersonalen Umfeld mit einbezogen haben. Wie auch in der kapitalistischen Produktion die Lohnarbeiter kein besonderes Anrecht auf die von ihnen geschaffenen Produkte haben, haben es auch die am Commoning beteiligten Personen nicht. Falls die Gruppe das Projekt nicht weiterführt, löst sich das Commons wieder auf, aber der Acker bleibt als gesellschaftliches Produktionsmittel bestehen.
Werden im Commoning nicht Mittel zur direkten Bedürfnisbefriedigung hergestellt (Nahrung, Energie, Hygieneartikel, etc.), entsteht ein neues gesellschaftliches Produktions- oder Lebensmittel. Das gesellschaftliche Produktionsmittel dient der Befriedigung des Bedürfnisse bzw. Bedarfs, für den es erzeugt wurde und steht anschließend exklusiv, d.h. private Produktion wird ausgeschlossen, für andere Commoning-Prozesse zur Verfügung. Gesellschaftliche Lebensmittel sind Genussmittel wie Wohnraum, Spielzeug oder Fernseher, welche sinnlich-vitale Bedürfnisse zwar befriedigen, dabei aber nicht vollständig aufgebraucht werden. Wie die gesellschaftlichen Produktionsmittel stehen sie wieder zur freien Verfügung innerhalb der Commons-Struktur, wenn sie nicht mehr gebraucht werden, d.h. nicht mehr der direkten Befriedigung eines sinnlich-vitalen Bedürfnisses dienen.
7. Produktion und Distribution innerhalb der Commons-Struktur
(Zusammenstellung und Legende zur einfacheren Übersicht)
Das Commoning ist eine ausgleichende Bewegung: Es beginnt immer mit einem Bedürfnis (B-), welches über die Commons-Struktur (C) vermittelt wird und in der Befriedigung des Bedürfnisses (B+) endet. Seine allgemeine Formel lautet daher „B- – C – B+“. Ein Bedürfnis teilt sich in die sinnlich-vitale Bedürfnisdimension (svB) und die produktive Bedürfnisdimension (pB). Es sind zwei Momente desselben Bedürfnisses und nicht zu verwechseln mit zwei verschiedenen Arten von Bedürfnissen. Während in der sinnlich-vitalen Bedürfnisdimension Befriedigung durch Genuss erfahren wird, ist das produktive Bedürfnis der „Drang, die eigene Existenz langfristig abgesichert zu wissen“ (M/S, S.127). Die eigene Existenz kann für eine Person langfristig abgesichert sein, wenn sie „Verfügung über die vorsorgende Herstellung [und Erhaltung] der Lebensbedingungen“ (ebd.) hat. Noch einmal Meretz und Sutterlütti: „Aktuell vorhandenes Essen genießen zu können, ist die eine Seite, dauerhaft über Essen verfügen zu können, die andere“ (ebd.). In einer auf Kooperation beruhenden Gesellschaft müssen beide Dimensionen nicht unmittelbar zusammenfallen – jemand kann eine Wohnung benötigen, ohne selbst Häuser bauen zu müssen -, aber durch soziale Teilhabe im gesellschaftlichen Produktionsprozess soll die langfristige Befriedigung der sinnlich-vitalen Bedürfnisse sichergestellt werden.
Die sinnlich-vitale Bedürfnisbefriedigung über Commoning innerhalb der Commons-Struktur, kann durch eine allgemeine Formel des Commonings dargestellt werden. Für den Fall, dass die zur Bedürfnisbefriedigung notwendigen gesellschaftlichen Mittel nicht vorhanden sind, können drei Arten von aufeinanderfolgende Produktionsprozessen entstehen, die jeweils im Detail voneinander abweichen. Aus Perspektive des anstehenden sinnlich-vitalen Bedürfnisses ergibt sich eine hierarchische Folge von Commons, wobei sich ab der zweiten Stufe mehr als ein Commons auf jeder Stufe befinden kann.
Erstes Commons/ Letztes Commoning (bzw. die allgemeine Formel):
Im ersten Commons werden anstehende sinnlich-vitale Bedürfnisse (svB-) innerhalb der Commons-Struktur (C) durch die Verwendung gesellschaftlicher Mittel (gM) direkt befriedigt (svB+). Der Befriedigung wird auf Grund vorhandener produktiver Bedürfnisse (pB-) nachgegangen. Personen, die produktiv zu dieser Bedürfnisbefriedigung tätig werden, prüfen dabei die Verfügbarkeit der dafür notwendigen gesellschaftlichen Mittel (gM∗). Gesellschaftliche Mittel zur Bedürfnisbefriedigung können entweder gesellschaftliche Lebensmittel (gLm) sein – im Fall, dass der Genuss diese nicht vollständig verzehrt bzw. verbraucht und sie nach der Verwendung wieder anderen zur Verfügung stehen – oder sie sind gesellschaftliche Produktionsmittel (gPm). Durch gesellschaftliche Produktionsmittel werden Produkte hergestellt, deren Verwendung zur Bedürfnisbefriedigung sie vollständig aufbraucht, die also – da sie nur produziert werden, wenn ein Bedürfnis danach ansteht – nie frei verteilt werden. Wird produziert können auch private Produktionsmittel (pPm) verwendet werden. Da diese als privates Eigentum nicht durch Meta-Daten in der Commons-Struktur erfasst sind und deren Anwendung die Entscheidung der jeweiligen Eigentümer ist, kann deren Verfügbarkeit nicht im Commons-Netzwerk geprüft werden – sie ergibt sich interpersonal in den einzelnen Commons. Der Prozess des Commonings (…c…) ist somit entweder eine Verteilung im Sinne einer interpersonalen Absprache über die Verwendung gesellschaftlicher Lebensmittel (gLm-) oder eine Produktion auf interpersonaler Ebene, in welcher sich die verwendeten gesellschaftlichen bzw. privaten Produktionsmittel vollständig oder teilweise aufbrauchen bzw. abnutzen (gPm-/pPm-). Resultat des erfolgreichen Commonings ist die Befriedigung des sinnlich-vitalen Bedürfnisses (svB+) und Befriedigung innerhalb der produktiven Bedürfnisdimension (pB+). Das erste Commons ist zugleich der letzte Commoning-Prozess, da dieser erst begonnen werden kann, wenn die dafür notwendigen gesellschaftlichen Mittel zur Verfügung stehen.
Zweite(s) Commons / Vorletzte(s) Commoning(s):
Falls die notwendigen gesellschaftlichen Mittel nicht vollständig zur direkten Bedürfnisbefriedigung vorhanden sind, entsteht ein Bedarf danach (BgM-). Fehlt es an mehreren gesellschaftlichen Mitteln (etwa sowohl an Brettern, als auch an Schrauben), werden auch mehrere Commons zur Bedarfsdeckung benötigt. Nimmt sich ein Commons diesem Bedarf bzw. einem dieser Bedarfe an, wird darin überprüft, ob die zur Herstellung benötigten gesellschaftlichen Produktionsmittel vorhanden sind (gPm∗). In diesem Schritt wird immer produziert (Transport hier als Sonderfall der Produktion), das heißt, es werden nie gesellschaftliche Lebensmittel verteilt, da sinnlich-vitale Bedürfnisse nicht direkt befriedigt werden. Die Produkte allerdings können sowohl gesellschaftliche Produktions- als auch gesellschaftliche Lebensmittel sein (BgM+).
Commons ( 3, 4, 5, […]) / Commoning(s) ([…], 5, 4, 3):
Fehlt es auch auf der zweiten Stufe an gesellschaftlichen Produktionsmitteln (und kann ein Mangel auch nicht durch private Produktionsmittel ausgeglichen werden), kann ein Bedarf danach (BgPm-) eingespeist werden. Ab der dritten Stufe werden nur gesellschaftliche Produktionsmittel (BgPm+), also keine gesellschaftlichen Lebensmittel mehr hergestellt . Einmal produziert werden gesellschaftliche Lebensmittel immer direkt verwendet, um sinnlich-vitale Bedürfnisse direkt zu befriedigen und keines der Commons ab der dritten Stufe ist mit der direkten Bedürfnisbefriedigung verknüpft. Fehlt es auch in der dritten Stufe der Commons an gesellschaftlichen Produktionsmitteln, muss sich ein Commons dem annehmen, das aus Perspektive des sinnlich-vitalen Bedürfnisses auf vierter Stufe steht und so weiter. Von hier ab gleichen sich die allgemeinen Formen des Commoning bis zur letzten Stufe.
Letzte(s) Commons/ Erste(s) Commoning(s):
Im letzten Commons einer erfolgreichen Bedürfnisbefriedigung sind alle notwendigen gesellschaftlichen Produktionsmittel vorhanden bzw. kann ein Mangel durch private Produktionsmittel ausgeglichen werden (gPm+/pPm+). Da auf gerader Linie hier erstmals alle für die Produktion benötigten Mittel vorhanden sind, beginnt in dieser letzten Ebene der Commons das erste Commoning. Ist dieser Prozess abgeschlossen, wird ein Bedarf der nächsthöheren Ebene bedient und erst dann kann dieses mit der Produktion beginnen. Es sei denn, das nächsthöhere Commons hat einen Bedarf nach mehreren gesellschaftlichen Produktionsmitteln eingespeist und die notwendigen Produktionsmittel sind noch unvollständig.
Zur Verdeutlichung der Struktur: Angenommen, in den Commons der ersten beiden Stufen würde es an je drei Komponenten fehlen, dann wären in der zweiten Stufe drei Commoning-Prozesse notwendig, um die Produktions- bzw. Lebensmittel für die erste Stufe herzustellen und in der dritten Stufe bräuchte es neun Commoning-Prozesse für die Bedarfsdeckung der zweiten. Zur Befriedigung einer einzigen Art sinnlich-vitaler Bedürfnisse müssten demnach dreizehn Commons mitwirken. In der kapitalistischen Produktion gibt es tatsächlich nur einen Prozess, denn alles was die Kapitalistin für ihre Produktion benötigt, sollte unabhängig von ihr produziert worden und in Warenform am Markt vorhanden sein.
Gesetzt eine funktionierende Commons-Struktur existiert innerhalb einer von kapitalistischer Produktion bestimmten Gesellschaft, so ergeben sich fünf Bedingungen für ein erfolgreiches Commoning:
- Es gibt Menschen, die ihre sinnlich-vitalen Bedürfnisse über die Commons-Struktur befriedigen lassen wollen (svB-).
- Die notwendigen gesellschaftliche Produktionsmittel sind in den letzten Commons verfügbar bzw. Fehlstände können durch private Produktionsmittel ausgeglichen werden (gPm+/pPm+).
- Es gibt Menschen, welche die notwendigen Fähigkeiten für den jeweiligen Commoning-Prozess besitzen und eine Möglichkeit zur langfristigen Absicherung ihrer sinnlich-vitalen Bedürfnisse über die Tätigkeit innerhalb der Commons-Struktur sehen (pB-).
- Das Leben dieser Personen wird nicht in einem Ausmaß von sachlicher oder persönlicher Herrschaft bestimmt, welches das Aufbringen von Zeit und Energie für das Commoning verhindert (…c…).
- Die vergehende Zeit zwischen Einspeisung eines sinnlich-vitalen Bedürfnisses und seiner Befriedigung ist im Rahmen des anstehenden sinnlich-vitalen Bedürfnisses selbst (Δt (svB- → svB+)).
Die beschriebene Form der Commons-Struktur gilt sowohl für interpersonale als auch transpersonale Commoning-Prozesse. Ein sinnlich-vitales Bedürfnis wird dabei erst in das Commons-Netzwerk eingespeist, wenn es nicht innerhalb bereits geschaffener interpersonaler Strukturen befriedigt werden kann bzw. diese der jeweiligen Person unbekannt sind. Über die zentrale Instanz zur Selbstorganisation und Zwecksetzung gesellschaftlicher Mittel können sich somit von Anfang an einander unbekannte Personen zur gemeinsamen Herstellung und Erhaltung der eigenen Lebensbedingungen verbinden und sie unterstützt somit den Aufbau von interpersonalen Strukturen, welche diese Instanz selbst in Teilen wieder überflüssig machen. Ist diese Instanz als Programm einmal entwickelt, wird noch kein einziges gesellschaftliches Produktions- oder Lebensmittel benötigt, um mit privaten Produktionsmitteln Commoning zu betreiben, das heißt auch, eine Commons-Struktur aufzubauen. Dieser Aufbau ist somit auch unabhängig von der jeweiligen kapitalistischen Entwicklungshöhe des lokalen Umfeldes. Da es damit – wir schließen Subsistenzwirtschaft und persönliche Herrschaftsverhältnisse hier aus – neben der kapitalistischen Produktionsweise eine zweite Möglichkeit gibt, durch welche ein rechtlich freier Mensch in Kooperation seine Lebensbedingungen herstellen kann, können wir vergleichen, welche Produktionsform individuell für ihn Sinn macht.
8.1 Befriedigung innerhalb der sinnlich-vitalen Bedürfnisdimension
Sinnlich-vitale Bedürfnisse sind etwa Hunger, ein Dach über den Kopf zu wollen, das Verlangen nach einer ärztlichen Untersuchung oder menschlicher Nähe, usw. Innerhalb einer bestehenden Gesellschaft werden dabei nicht alle sinnlich-vitalen Bedürfnisse über die bestimmende Produktionsweise befriedigt. Eine Gesellschaft bezeichnen Meretz und Sutterlütti daher als „Hybrid, eine Mischung verschiedener Re/Produktionsweisen, in dem jedoch eine dominant, bestimmend, hegemonial ist“ (M/S, S.91). Weiter: „Diese bestimmende Re/Produktionsweise strukturiert die gesamte Gesellschaft nach ihrer Logik und zwingt den anderen Weisen ihre Ziele auf“ (ebd.).
Ausgegangen von der Situation der Lohnabhängigkeit wird folgend der Prozess zur sinnlich-vitalen Bedürfnisbefriedigung über die kapitalistische Produktionsweise (I.) und über das Commoning (II.) untersucht.
Sinnlich-vitale Bedürfnisse (svB-) werden warenförmig (W) befriedigt; es ist also Geld (G) notwendig. Lohnabhängige kommen an Geld über Lohnarbeit, müssen also versuchen ihre Arbeitskraft (Ak) zu verkaufen und diese wird schließlich als Gebrauchsgegenstand in den Produktionsprozess (…P…) eingeordnet. Im Produktionsprozess stellen die Lohnarbeiter an den Produktionsmittel neue Waren W‘ her, deren Wert höher ist als die Summe von Arbeitskraft plus Produktionsmittel, d.h. auch größer ist als der Wert W, welcher zur Befriedigung des Bedürfnisses der Lohnarbeiterin notwendig ist. Die Differenz zwischen W und W‘ ist das Mehrprodukt, das durch die Mehrarbeit der Lohnarbeiterin entstand und im Verkaufsfall zum Mehrwert der Unternehmerin wird.
Kapitalismus basiert auf Äquivalententausch – auf einem Gegenleistungsprinzip – und daher lässt sich sinnlich-vitale Bedürfnisbefriedigung im Rahmen der kapitalistischen Produktionsweise nicht denken, ohne selbst tätig zu werden. Durch das Prinzip der über das Geld vermittelten Gegenleistung kann die einzelne Person dafür selbst bestimmen, wie und auf welche Weise die sinnlich-vitale Bedürfnisbefriedigung geschieht, wenn es nur warenförmig möglich und genügend Geld vorhanden ist. Die einzelne ist zum Geld-verdienen zwar von anderen abhängig, aber es gibt keine zweite Person, die darüber urteilt, ob sich eine bestimmte Bedürfnisbefriedigung lohnt bzw. ob sie etwa ethisch richtig ist. Systematisch muss für eine bestimmte Bedürfnisbefriedigung aber immer mehr gearbeitet, also ein höherer Wert produziert werden, als die Ware selbst hat, die zur Befriedigung des sinnlich-vitalen Bedürfnisses verwendet wird. Gesellschaftliche Arbeitsteilung mit Mehrwertproduktion auf eine Tätigkeit herunter gebrochen hieße etwa, dass eine angestellte Tischlerin fünf Tische produzieren muss, um sich einen leisten zu können.
Ein sinnlich-vitales Bedürfnis (svB-) wird in die Commons-Struktur (C) eingespeist und darauf gehofft bzw. gewartet, dass das Bedürfnis befriedigt wird (svB+).
Entscheidender Vorteil der sinnlich-vitalen Bedürfnisbefriedigung über die Commons-Struktur ist, dass es keine Gegenleistung erfordert. In einer nicht-ausgebauten Commons-Struktur, bei außergewöhnlichen Bedürfnissen und falls die eigenen Bedürfnisse nicht von anderen mitgedacht wurden, ergeben sich daraus zwei entscheidende Nachteile: Erstes kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass sich Menschen finden, welche sich dem Bedürfnis annehmen und ob es somit überhaupt befriedigt wird. Zweitens kann der Zeitabstand zwischen Einspeisung und Befriedigung mitunter extrem lange sein. Commoning-Prozesse können erst angestoßen werden, sobald es ein Bedürfnis bzw. einen Bedarf gibt und von da ab kann erst angefangen werden, die notwendigen Produktions- oder Lebensmittel zu organisieren bzw. auch diese erst herstellen zu lassen. Commoning kann allerdings nicht zur bestimmenden Produktionsweise werden, wenn die sinnlich-vitalen Bedürfnisse der Teilnehmenden nicht ausreichend befriedigt bzw. nicht tendenziell besser über Commoning als über kapitalistische Produktion befriedigt werden. Im Fall einer durch Commoning bestimmten Gesellschaft ist zumindest die individuell empfundene, grundlegende Bedürfnisbefriedigung genauso einfach, wie sie hier erscheint.
8.2 Befriedigung innerhalb der produktiven Bedürfnisdimension
Die produktive Bedürfnisdimension ist das Verlangen nach einer langfristigen Verfügung über die zur sinnlich-vitalen Bedürfnisbefriedigung nötigen Mittel. Innerhalb einer auf Kooperation basierenden Gesellschaft stehen dafür verschiedene Handlungsmöglichkeiten zur Teilhabe am Re-/Produktionsprozess zur Verfügung, welchen entweder durch Zwang oder Freiwilligkeit nachgegangen werden muss bzw. kann (M/S, S.125). Einzelne Personen bringen sich in solche Strukturen ein, um Handlungsfähigkeit auszuüben, damit Handlungsmöglichkeiten zu realisieren und somit nicht ohnmächtig den Lebensbedingungen ausgeliefert zu sein (M/S, S.128). Je höher dabei die durch individuelle Teilhabe angestrebte Verbesserung der eigenen Lebensqualität im Vergleich zu den damit verbundenen Anstrengungen und Risiken ist, desto höher ist die Motivation hierfür (M/S, S.130). Diese Teilhabe kann dabei den anderen Gesellschaftsteilnehmern gegenüber einschließend oder ausschließend wirken (M/S, S.129).
Die Befriedigung des produktiven Bedürfnisses ist maximal, wenn über die Lebensbedingungen verfügt wird bzw. der Zugriff darauf sichergestellt ist. Voraussetzung dafür sind unbegrenzte Handlungsmöglichkeiten in alle Bereiche der Verfügung, deren Realisierung andere Gesellschaftsteilnehmer nicht von den Lebensbedingungen ausschließt – also andersherum diese einen auch selbst nicht ausschließen -, sondern die Lebensqualität potentiell aller damit in Verbindung stehenden Gesellschaftsteilnehmer erhöht.
Wieder wird erst die Bedürfnisbefriedigung über die kapitalistische Produktion (I.) und schließlich über das Commoning (II.) geprüft. Im Commoning wird sich dabei nur auf die und hierbei nur auf die Produktion gesellschaftlicher Produktionsmittel beschränkt. Auf die Herstellung und Verteilung gesellschaftlicher Lebensmittel wird nicht näher eingegangen, da die Herstellung der Lebensmittel sich nicht von der Herstellung von Produktionsmitteln unterscheidet und die Verteilung der Lebensmittel ein Prozess der Absprache zwischen konkreten Personen ist.
Im Kapitalismus wird Handlungsfähigkeit durch Geld erreicht und dieses am effektivsten durch die reine Geldvermehrung, sprich, indem die Rolle einer Kapitalistin angenommen wird. Da die Rolle der Kapitalistin abhängig von der Vorhandensein von Lohnarbeitern ist und diese Gruppe objektiv ein höheres Interesse an der Aufhebung des kapitalistischen Systems hat, wird die Bedürfnisbefriedigung wieder nur aus Perspektive der stetig wachsenden Gruppe der Lohnabhängigen betrachtet. Eine Lohnabhängige kann im gesellschaftlichen Durchschnitt die Verfügung über ihre notwendigen Lebensbedingungen genau durch eine normale Arbeitswoche herstellen. Da sie in ihrer Situation von dem gesellschaftlichen Fortschritt entkoppelt ist, wird sich diese Arbeitswoche nicht verändern, bis ihre Arbeitskraft nicht mehr verwertbar ist. Zwar wird sie durch den Verkauf ihrer Arbeitskraft im Produktionsprozess objektiviert (Ak), dient hier lediglich zur Kapitalverwertung und kann nur in geringen Ausmaß in dieser Zeit über sich selbst verfügen, aber so lange sie es schafft ihre Arbeitskraft zu verkaufen, muss sie in einer auf Privateigentum (Exklusion) basierenden Gesellschaft weniger Angst haben, vom gesellschaftlichen Gesamtprodukt ausgeschlossen zu werden. Meretz und Sutterlütti dazu: „Heute haben wir gute Gründe, manche unserer Bedürfnisse zurückzustellen, zuzurichten oder zu unterdrücken […]. Die uns selbst auferlegten Beherrschungen und Zurichtungen ergeben unter heutigen Bedingungen Sinn, denn sie halten unsere Handlungsfähigkeit aufrecht“ (M/S, S.85).
Über die gesellschaftliche Notwendigkeit der eigenen Arbeit kann im Kapitalismus keine Aussage getroffen werden. Kapitalistische Produktion dient der Geldvermehrung, der Verwertung des Wertes, und Bedürfnisbefriedigung ist selbst nur Mittel für diesen Zweck. Da die Arbeitswoche statisch ist, 4-6 Tage die Woche gearbeitet werden muss und das gesellschaftliche Normalität ist, lässt sich bezüglich der Motivation für die einzelnen Tätigkeiten innerhalb dieser Arbeitszeit kaum eine Aussage treffen. Die statische Arbeitswoche, unabhängig von Arbeitsbedarf, Jahreszeit, Wetter, etc. ist dabei eine absolute Besonderheit der kapitalistischen Produktionsweise. Die einzige Alternative, die sich aber selbst ebenfalls auf die Lohnarbeit bezieht und daher die Sphäre nicht verlässt, scheint die Arbeitslosigkeit zu sein, in welcher sämtliche Formen der Handlungsfähigkeit negiert werden und die einzelne Person keinerlei Recht auf einen Anteil am Gesamtprodukt hat. Ein Sozialstaat mag eine totale Ausgeschlossenheit verhindern, ist aber selbst Teil der Verwertungslogik, kennt also keine wirkliche Alternative zur Lohnarbeit und benennt daher auch Vollbeschäftigung – eine fremdbestimmte Arbeitswoche für alle Lohnabhängigen, unabhängig von ihren Arbeitsbedingungen – als eine Utopie.
Die Herstellung und Erhaltung der eigenen Lebensbedingungen im Commoning: Jemand wendet sich an die Commonsstruktur (C) und sieht nach, welche sinnlich-vitalen Bedürfnisse durch die eigenen Fähigkeiten direkt befriedigt werden können (svB-) oder welcher Bedarf an gesellschaftlichen Produktionsmitteln ansteht (BgPm-). Sie kann dabei schon fester Teil eines Commons zur Befriedigung eines bestimmten Bedürfnisses/Bedarfs sein, sich dafür einem bestehenden Commons anschließen oder an der Entstehung eines solchen mitwirken. In entsprechenden Commons wird die Verfügbarkeit der gesellschaftlichen Produktionsmitteln überprüft (gPm∗), im entsprechenden Fall direkt daran gekoppelt und eventuell noch private Produktionsmittel durch die Teilnehmer zur Verfügung gestellt. Fehlt es an gesellschaftlichen Produktionsmitteln, muss ein Bedarf danach in die Commons-Struktur eingespeist werden. Sind die Produktionsmittel verfügbar und haben die Beteiligten die nötige Zeit dafür übrig, können sie gemeinsam mit dem Commoning beginnen. Im Prozess selbst werden gesellschaftliche bzw. private Produktionsmittel verbraucht (gPm-/pPm-) und dabei ein Beitrag zur Herstellung und Erhaltung der gesellschaftlichen Notwendigkeiten erbracht (pB+).
An einem Commoning-Prozess beteiligt sein, hat nichts mit arbeiten im heutigen Sinne zu tun. Arbeiten im Kapitalismus ist ein abstrakter Prozess: „Ökonomisch in dieser Einfachheit gefaßt, ist „Arbeit“ eine ebenso moderne Kategorie wie die Verhältnisse, die diese einfache Abstraktion erzeugen“ (MEW42, S.38). Arbeit heute ist ein Rahmen, der sich um konkrete Tätigkeiten spannt, denen aber an erster Stelle nicht aufgrund ihrer Nützlichkeit für die Gesellschaft nachgegangen wird, sondern um Geld zu erhalten, mit dem Verfügung über die eigenen Lebensbedingungen sichergestellt werden soll. Die Arbeit wird somit als vom Weltgeschehen isoliert betrachtet, als ob die Tätigkeit in ihr nicht einen verselbstständigten Verwertungsapparat vorantreiben würde, der sich immer tiefer in das Land und in die Köpfe gräbt. Da Arbeit abstrakt ist, kann sie auch geteilt werden. Eine einzelne Tätigkeit ist dagegen immer konkret, kann aber, etwa innerhalb eines Commoning-Prozesses (aber auch innerhalb eines kapitalistischen Unternehmens bzw. des abstrakten Rahmens Arbeit) in Kooperation mit anderen geschehen. Da Commoning immer zu einem bestimmten Zweck geschieht, hat der Prozess einen klar definierten Anfang und ein klar definiertes Ende; im Gegensatz zur Arbeit, die für die Lohnarbeiter im Rahmen der Verwertung erst mit dem Eintritt in das Rentenalter aufhört. Das Commoning ist somit ein bewusster Prozess zur Gestaltung der Welt nach menschlichen Bedürfnissen.
Statt der Angst, vom gesellschaftlichen Gesamtprodukt ausgeschlossen zu werden, wenn die eigene Arbeitskraft nicht verkauft werden kann, basiert das Commoning auf Vertrauen, dass andere die eigenen sinnlich-vitalen Bedürfnisse befriedigen. Statt als Produzierender vom gesellschaftlichen Fortschritt entkoppelt zu sein und die arbeitsfähige Zeit im Leben immer arbeiten oder dafür lernen zu müssen, steigt die Verfügung über die Lebensbedingungen mit dem zunehmenden Fortschritt der Technik und Zusammenarbeit. Statt sich nur eine Arbeitgeberin aussuchen zu können und schließlich zu vorgegeben Bedingungen arbeiten zu müssen, kann sich die konkrete Tätigkeit den eigenen Fähigkeiten und Interessen nach gewählt werden und in den Commons werden die Bedingungen der Kooperation diskutiert und nach den Bedürfnissen der Teilnehmenden gestaltet. Statt einer undurchsichtigen, durch die Jagd nach hohen Profitraten gestalteten Gesellschaftsstruktur gegenüberzustehen, wird durch die Transparenz des Commons-Netzwerkes klar einsehbar, inwiefern die eigene Tätigkeit zur Verbesserung der allgemeinen Lebensbedingungen beiträgt. Die Motivation kann dafür also deutlich höher sein, als es in der Lohnarbeit der Fall ist.
Innerhalb einer Gesellschaft mit dominanter kapitalistischer Produktionsweise ist der große individuelle Nachteil von Commoning, dass es keine direkte Gegenleistung mit sich bringt. In einer von Commoning bestimmten Gesellschaft mag das weniger ein Problem sein, aber, noch einmal Meretz und Sutterlütti, die „bestimmende Re/Produktionsweise strukturiert die gesamt Gesellschaft nach ihrer Logik und zwingt den anderen Weisen ihre Ziele auf“ (M/S, S.91). Commoning hilft der Einzelnen nicht die Miete, die Krankenversicherung, die Kleidung, die Nahrung, etc. zu zahlen. Innerhalb der Transformation ist daher eine dem Gegenleistungsprinzip ähnelnde Funktion – wie sie folgend dargestellt wird – im Commoning unerlässlich, die aber mit der zunehmenden Ausdehnung der Commons-Struktur an Bedeutung verlieren soll.
(Weiter zum vierten Teil, zurück zum zweiten. Überblick)
(Nach Lektüre von Teil 4, den man zwar über den Link schon lesen, aber nicht kommentieren kann):
Also wenn ich Dich richtig verstanden habe, dann soll nicht eine
zentrale Planungskommisison die Bedürfnisse erfassen und priorisieren
sondern ein Computerprogramm. Damit sind doch aber die Programmierer
dieses Programms in der selben Machtsituation wie vorher die Mitglieder
der Planungskommission (und zusätzlich gibts keinen Datenschutz mehr)?
Der Unterschied besteht dann nur darin, dass der Code dieses Programms
offen ist und man es forken kann? Es könnten sich dann also auch mehrere
Commons-Strukturen parallel bilden? Wieso sollten diese nicht wieder in
Konkurrenz zueinander geraten?
#1: Das Prinzip ist auf jeden Fall derselbe. Der Fokus in meinem Text liegt dabei allerdings auf der selbstorganisierten Verwaltung von gesellschaftlichen Mitteln, sprich unter der Bedingung von kollektiver Verfügung und wie hierbei auch komplexere Kooperation entstehen kann. Aber das widerspricht deinem Prinzip von Stigs ja auf jeden Fall nicht – wie gesagt, halte ich es für denselben Grundgedanken.
#2: Ich weiß nicht, ob das Wortklauberei ist, aber ich meine natürlich nicht, dass es von einem Programm die Bedürfnisse irgendwie automatisch „erfasst“ werden, sondern dass Bedürfnisse eingespeist werden können, falls es in interpersonalen Strukturen keine (bzw. keine gute) Möglichkeit zu ihrer Befriedigung gibt. Inwieweit damit private Daten der Bedürfnissteller eingesehen werden können, ist damit noch nicht entschieden.
Zur Bedürfnispriorisierung (4. Teil): Da keine Menschen darüber entscheiden, welche Bedürfnisse priorisiert werden, sondern ein allgemeiner Schlüssel (parallel zum Marx-Zitat zum Verein freier Menschen, siehe Kapitel 2), sind Programmierer definitiv nicht in derselben Machtsituation wie Mitglieder von Planungskommissionen. Eine eventuelle Möglichkeit für Programmierer könnte es sein, dass sie den Schlüssel so anpassen, dass genau ihre Tätigkeit als am gesellschaftlich notwendigsten erscheint – und auch das nur, wenn der Schlüssel nicht durchsichtig ist.
Ich hoffe, daraus erübrigt sich die Frage, ob der einzige Unterschied ist, dass das Programm offen ist – genauso, wie es für seine Funktion meiner Ansicht nach (als nicht-Programmierer) an dieser Stelle irrelevant ist, ob es geforkt werden kann oder nicht, so lange die kollektive Verfügung nicht angetastet wird und die Zwecksetzung einzelner Dinge allgemeingültig ist. Und Konkurrenz in welchem Sinne? Um die Bedürfnisbefriedigung?
@marcus: Konkurrenz um Teilnehmer_innen z.B. Netzwerkeffekte können dann darüber entscheiden, welches System sich durchsetzt, das ist auch problematisch.
@Benni: Das ist auf jeden Fall ein Punkt – also, dass tatsächlich voneinander unabhängige Commons-Strukturen entstehen und sich durchsetzen wollen. Wenn allerdings die Grundlogik Bedürfnisbefriedigung bleibt, dann ist es sinnvoll, diese Netzwerke zu verbinden. Im Gegensatz zur heute bestimmenden Produktion nach Exklusionslogik (des Kapitalismus) wird die Produktion nach Inklusionslogik (einer Commons-Struktur) effizienter und erstrebenswerter für jede*n Teilnehmer*in, je mehr Personen daran teilnehmen. Das wird im viertel Teil, Kapitel „Dominanzwechsel 1: Effizienz“, noch näher angesprochen. Wenn du Lust hast, können wir auf der Grundlage nochmal dazu diskutieren.
Ich finde es gut, dass Du entscheidende Gefahren/Nachteile selbst nennst: „Erstes kann nicht mit Sicherheit gesagt werden, dass sich Menschen
finden, welche sich dem Bedürfnis annehmen und ob es somit überhaupt
befriedigt wird. Zweitens kann der Zeitabstand zwischen Einspeisung und
Befriedigung mitunter extrem lange sein.“
Ich fürchte, das wird zum Showstopper… Ich denke, bestimmte Bedürfnisgruppen müssen einfach allgemein abgesichert werden, so jene nach Grundversorgung in Ernährung, Wohnen, Sicherheit (Feuerwehr…), Pflege etc., da kann man nicht lediglich auf individualisierte Weise agieren.
Das Eingangszitat oben:
„Für uns ist Utopie zentral eine soziale Utopie, eine Utopie der Beziehungen, keine technische Utopie […]. Unsere menschliche Potenz liegt sicherlich auch in der Herstellung von technischen Mitteln, doch noch viel beeindruckender sind die menschlichen Möglichkeiten, ihre sozialen Mittel, ihre Beziehungen, ihre Vermittlung, ihre Organisation zu gestalten.“
bringt die zentrale Schwäche der ausschliesslich „Beziehungs“-orientierten Transformationstheorie auf den Punkt:Die Menschen stehen da nie der objektiven Welt der Sachen, der menschen-gemachten, menschen-gelenkten, auch menschen-geschädigten, und der ihrerseits menschen-beeinflussenden, menschen-nützlichen/gefährdenden, gegenüber, und müssen sich über sie (wenn auch keineswegs NUR darüber) verständigen, um ihre (hoffentlich halbwegs gemeinsamen) Zwecke arbeitsteilig zu erreichen.keimform-Autoren haben in technischen Utopien geschwelgt; jetzt setzen sie genauso einseitig aufs „zwischenmenschliche“ Gegenstück, statt den Zusammenhang der Leute mit Technik und Natur auch nur annähernd einmal in Begriffe zu fassen, und eine halbwegs auf der Höhe der sonst in Betracht gezogenen Gegenstände sich bewegende Produktionstheorie hinzubekommen.
Marcus hat nun eine solche aus den so ziemlich abstraktest-möglichen Formeln erschlossen, die die Betrachtung des „Produktionsprozesses des Kapitals“ in der Politischen Ökonomie liefern kann. Die dabei verwendeten Kategorien sind bezeichnenderweise ökonomischer Art: G, W; dh Produktion kommt hier nur vor, insofern sie ein ökonomisches Pendant hat, also abgebildet werden kann. Wenn die Abbildung systematische Schwächen aufweist (wichtige Aspekte des Produzierens NICHT abbildet), ist die Schlussweise fatal. Ich denke, schon die Frage, welche materiellen Bedingungen erfüllt sein müssen, damit der Vorgang wiederholt (re-produziert“) werden kann, würde zu Präzisierungen führen, die in der Sache entscheidende Unterschiede machen.
Zwei erste Schwächen konkretisieren einiges von dem, was Annette mit „showstopper“ angedeutet hat:
1. Die lineare Darstellungsweise lässt übersehen (was nicht ausgeschlossen wurde, aber eben auch nicht eigens in Betracht gezogen), dass in modernen Produktionen die Endprodukte meist mit hochkomplexen Vrefahren hergestellt werden – bereits 1 Commons weg vom „ersten“ explodiert die Zahl der nötigen Ingredienzien und/oder Bestandteile und/oder benötigten Pm und Hilfsmittel: Die Linien zweigen vom Endprodukt her endlos auf.
2. Schlimmer noch. Die gewählte lineare Produktionskette, selbst wenn so vielfältig verzweigt, hätte die angegebene Struktur nur, wenn unterstellt ist, dass irgendwann eine Stufe erreicht ist (genau genommen scheint dies bereits beim zweiten Commons der Fall zu sein), auf der alle für diese Stufe nötigen Produktionsmittel nur mit ihresgleichen oder vorgeordneten (re)produziert werden. 1860 durfte man das mit Ach und Krach (selbst Robinson brauchte eine Werkzeugkiste) für die sich mit sich und „Natur“ (Acker, Wald, Tiere, Mineralvorkommen) reproduzierende Arbeit(skraft) behaupten: Die hat dann auch mit beinah nichts als sich all ihre Mittel aus dem Boden gestampft. Wenig später shchon nicht mehr: Dann nämlich, als schwerindustriell gefertigte und transportierte Güter nötig waren, um auf gegebnem Produktivitättsstand ebensolche herzustellen: Sie reproduzierten sich mit Natur und Arbeit(skraft). Heute gibt es praktisch kein Industrieprodukt, in dessen Produktion nicht direkt oder indirekt alle andern Industrieprodukte eingehen. Die „Bedarfe“ münden also rückwärts in sich selbst; und die Bedürfnisbefriedigungs-Mittel mitsamt den mit ihrer Hilfe (auf gute, freudvolle Weise) re-produzierten Handlungsbereitschaften sind in diesen Reproduktionskreislauf eingeschaltet. Das wäre sofort aufgefallen, wenn anstelle des simplen „Ackers“ als Beispiel für ein Produktionsmittel (in andern Zusammenhang) ein Schlepper (aber was für einer?) betrachtet worden wäre.In meiner Gegend existieren unzählige alte Traktoren, für die in Handwerksbetrieben Menschen mit Kenntnissen und Werkzeug zur individuellen Metallbearbeitung die nicht mehr nachkaufbaren Ersatzteile einzeln reproduzieren. Bei Reifen wirds dann etwas schwieriger. Kabel, Drähte… ganze Motorblöcke gibt es so aber nicht. Und der Aufwand ist enorm. In Afghanistan gibt es Handwerker, die alle für eine Kalaschnikow nötigen ca 250-300 Metall-Teile selber aus Schrott herstellen können. Was sagt das? Um auch nur EINEN Produktionsschritt rückwärts zu gehen, brauchst du eine ganze industrielle Infrastruktur AUF GEGEBNEM NIVEAU. Dieser Hinweis spielt eine enorme Rolle bei allen Degrowth-Konzepten: Schritte „abwärts“ müssen auf dem abgesenkten Niveau „Reproduktivität“ gewährleisten. Und er spielt eine Rolle bei Versuchen nachholender Industrialisierung und Import-Substitution (etwa im Fall von Sanktionen). An letzteres erinnert ja die Absicht, sich durch angemessenes „Priorisieren“ vom Markt unabhängig zu machen.Für gern missachtete technische Schranken für freie Gestaltung von Produktionsarchitekturen (Material für 3D-Drucker, die zugleich Gebrauchseigenschaften des so geformten Produkts entsprechen) vgl. zB den im von Perikles angeführten Creydt-Artikel erwähnten Autor Fischbach.
3. Aber auch das ist lang nicht alles.
„Priorisierungen“, sind Regeln für die Lösung von Zielkonflikten. Die involvierten Ziele beziehen sich dabei nie nur auf ein WAS, das gebraucht und hergestellt werden soll; sondern auch das WIE der Herstellung. Das geht in die Formulierung der technischen Anforderungen zentral mit ein. Dabei gibt es Elemente des WIE, die auf Reduzierung der Ressourcen- und Kapazitätsaufwände gehen (Effizienz; speziell: Geschwindigkeit, „Zeitpräferenz“), und solche qualitativer Art (Schliessbarkeit von Produktionskreisläufen, Recyclebarkeit, natur- und bedürfnis-verträgliche Materialien und Produktionsweisen, Dezentralität, Reservenbildung und Kapazitätsvorhaltung, Prävention bzw Robustheit gegenüber Risiken aller Art, Modularität, Gebrauchseigenschaften: leichte Lehr- und Lernbarkeit der Handhabung, überschaubare Verwaltung, Einfügung in eine Lebensform, eventuell eben auch: geringe Fertigungstiefe, uvam.).Zielkonflikte sind bei einer solchen Vielzahl von Zielparametern unvermeidlich. Lösungen dafür, also „Priorisierungen“, geltend zu machen, setzt voraus, dass die Zielparameter konkret genug defniert sind, um im Einzelfall eine „Ziel-optimierte“ Wahl (in einzelnen Hinsichten also suboptimal) zu treffen. Vor allem aber ist arbeitsteiliges Vorgehen nur dann nicht wieder entmündigend, wenn a) alle Beteiligte sich ein Verständnis der Parameter und möglichen Konflikte erarbeitet haben, b) Prinzipien der Ziel-Konfliktlösung bestimmt haben, c) darin übereinstimmen, d) Grund zur Annahme haben, dass diese Priorisierungs-Prinzipien von den ausführenden Technikern geteilt und tatsächlich in ihren Entwürfen umgesetzt werden.
4. Wir unterstellen bei dem allen ein Inventar an bekannten Verfahren und Technologien. Wie aber, wenn Entscheidungen darüber anstehen, was und wieviel (zB Innovatives, Unerprobtes) VERSUCHT werden sollte, dessen Realisierbarkeit nicht feststeht? Auch daraus ergeben sich „Bedarfe“; und auch dazu müssen Priorisierungen entlang den Anforderungen a-d kollektiv ausgebildet werden. „Gesellschaftliche Verwaltbarkeit“ ist also ein fundamentaler technischer Zielparameter, der zu den anderen hinzukommt.
All diesen Anforderungen muss bereits genügt worden sein, bevor das „Programm“ erstellt wird. Und die Freiwilligen und zugleich Befähigten sich finden, die die einzelnen Schritte auch wirklich umsetzen.
Und damit sind wir zurück bei den Fundamental-Problemen, die die bei Marcus ebenso wie bei Stefan+Simon unterstellten Voraussetzungen der Rede von „Inklusion“ aufwerfen: Dass nämlich „Bedarf“ oder eben „produktives Bedürfnis“ INDIVIDUIERT, dein Bedarf nur um den Umweg Inklusion auch meiner, und dann „meiner mit“ werden kann, Bedarfe also zB immer additiv aufgebaut sind; und, dass die grossen, Bedarfs-übergreifenden (in Wahrheit aber höchst spezifisch in jede Einzelproduktion eingreifenden) Zielparameter (also wieder: Bedarfe) ein bewusst gestaltbares Verhältnis zur Produktion als ganzer, und entsprechendes Wissen, voraussetzen, das nicht einmal Experten heutzutage auch nur annähernd zur Verfügung steht; geschweige denn allen, die von Entscheidungen betroffen sind, und die an sich gewillt wären, ihre Präferenzen auszubilden und geltend zu machen. Wir haben das Wissen nicht, das wir in eine rechenbare Abbildung unseres Reproduktionsprozesses einfliessen lassen können; und wenn wir es hätten, könnte es nicht schnell genug reagieren auf Änderungen: Wir, also das System lernt nicht schnell genug, weil die relevanten Informationen nicht schnell genug gemeldet und verarbeitet werden können. Wir sollen jschliesslich auch noch produzieren; und leben.
Natürlich leistet die Marktwirtschaft keineswegs irgend Besseres. Wer sieht denn, wie monströs viele Ressourcen DORT in den Sand gesetzt werden, durch zwangsläufig komplett blinde Planung? Von den in Preisen nicht abbildbaren Zielparametern ganz zu schweigen.
@Annette: Die unbekannte Zeitdauer einer Bedürfnisbefriedigung ist ein großes Problem. Wenn die Zeitdauer zwar tendenziell mit einem wachsenden Ausbau der Commons-Struktur immer kürzer wird, braucht es, genau wie du ja sagst, in bestimmten Bereichen eine Absicherung. Ein Bedürfnis nach Feuerwehr erst einzuspeisen, so bald es in meinem Haus brennt, ist Quatsch. Aber trotzdem kann die Tätigkeit innerhalb einer Feuerwehr in diese Logik integriert werden – also auf Basis von Freiwilligkeit, kollektive Verfügung und besonders Selbstorganisation.
Genauso ist es Quatsch, erst zwei Gurken einzupflanzen, wenn ich ein Bedürfnis danach einspeise, um mir dann Monate später genau diese beiden Gurken in die Hand zu drücken – Aber wieder auf Grundlage einer Produktionslogik nach Bedürfnisbefriedigung, kann zumindest der Versuch unternommen werden, das Gemüse (etc.) in der Menge anzupflanzen, nach denen Bedürfnisse anstehen. Das ist eine unschöne statistische Komponente, eine langsamere Anpassung an die Bedürfnisse und eine relativ geringe Flexibilität, aber eines muss m.M.n. im Hinterkopf behalten werden: Der Markt soll ja nicht „abgeschafft“ werden. Habe ich bestimmtes Bedürfnis, das nicht über diese Produktionsweise (kostenlos) befriedigt werden kann, dann habe immer noch dieselben Möglichkeiten, die ich heute auch habe – wenn ich auch, falls Commoning die bestimmende Produktionsweise sein sollte, nicht davon abhängig bin.
Aber wie gesagt: Du hast da auf jeden Fall Recht – bei einer Produktion im Nachhinein entstehen neue Herausforderungen, die nicht durch das beschriebene Schema abgedeckt werden können.
Ausgerechnet die Feuerwehr als Beispiel anzuführen, warum Commons nicht funktionieren können ist jetzt aber schon ein bisschen absurd, weil es doch einer der wenigen Bereiche ist, bei denen Freiwilligkeit in weiten Teilen des Landes heute schon super funktioniert.
@Franziska: Vielen Dank für deine Zeit. Wenn ich auch dem Gedankengang nicht ganz folgen kann, würde ich auf ein paar Aspekte gern eingehen. Ich glaube auch, dass vieles sich in dem Kapitel „Dominanzwechsel 1: Effizienz“ schon klärt.
Falls sofort über Commoning ein Produkt aus 150-200 Einzelkomponenten gefertigt werden soll, stimmt das absolut. Aber wichtig ist eben dabei zu beachten, dass sich die Produktionsweise erst Ausdehnen muss und mit ihrer Ausdehnung erst zur komplexeren Produktion fähig ist. Wenn ich mich mal selbst aus dem Effizienz-Kapitel zitieren darf: „Je partieller die Commons-Struktur schließlich aufgebaut ist und je
vereinzelter die einzelnen Commons sind, desto ineffizienter ist ihre
Zusammenarbeit. Zu Beginn des Commonings werden nur Prozesse der ersten
Stufe, sprich, zur direkten Bedürfnisbefriedigung möglich sein […]“.
Weiter wird in deinem Kommentar auch eine Übernahme der kapitalistischen Struktur unterstellt (besonders später im Beispiel mit dem Traktor und der Kalaschnikow), die ja auf isolierter Produktion beruht und bei der es egal ist, ob Einzelkomponenten oder Produktionsmittel selbst noch andere Einsatzmöglichkeiten haben können, als die unmittelbar benötigten. Beziehungsweise bei der es genauso egal ist, wie kompliziert ein einzelnes Produkt aufgebaut ist, wenn die notwendigen Teile nur beschafft werden können. Wieder ein Eigenzitat aus dem Effizienz-Kapitel: „In der Anwendung privater Produktionsmittel für das Commoning werden die
durch das Privateigentum definierten Grenzen kapitalistischer
Unternehmen ab dem ersten Moment überschritten und die einzelne
Tätigkeit gliedert sich in eine gesamtgesellschaftliche Kooperation nach
Inklusionslogik ein. Die Wege der Produktion nach Verwertung und nach
Bedürfnisbefriedigung trennen sich daher von Anfang an und damit klärt
sich auch die Frage, wie der Kapitalismus übernommen werden kann: Er kann es nicht […]. Was gesellschaftlichen Produktionsmittel dabei speziell ausmachen muss, hat die Open Source Ecology
herausgestellt und folgende sind die wichtigsten sechs Vorgaben: (1)
Die Baupläne sind öffentliches Eigentum. (2) Modularität [Das heißt,
eine größere Maschine besteht aus mehreren für sich stehenden
Komponenten, die auch an anderer Stelle eingesetzt bzw. leicht
ausgetauscht werden können. M.M.] (3) Geringe Kosten [allgemeiner
formuliert: Wenig gesellschaftlich-notwendige Arbeitszeit. M.M.] (4)
Auslegung auf lebenslange Haltbarkeit. (5) Effizienz muss sich mit den
Industriestandards des Marktes messen können. (6) Einsetzbarkeit in
verschiedenen Arbeitsbereichen. (vgl. OSE-wiki, Übersetzung M.M.).“
Ansonsten gilt, was ich auch in Annettes Kommentar meinte: Der Markt ist ja weiterhin da. Die Commons-Struktur muss heranwachsen („Keimform“), bis sie in der Lage ist, gesellschaftlich bestimmend zu werden, das also ohne Rückgriff auf Geld in der Gesellschaft gelebt werden kann. Deswegen kann es in dieser Denkweise ja auch keine einfach Revolution (Im Sinne von Machtübernahme) geben und dann wird einfach alles auf Bedürfnisbefriedigung umgestellt – das wäre Wahnsinn bzw. einfach nur Unsinn.
Ich bin mir nicht sicher, inwiefern wir bei deinem dritten Punkt aneinander vorbei reden und kann mich da gerade nicht reindenken. Bei dem fundamentalen Probleme wird, soweit ich das jetzt herauslese, wieder eine Struktur-Übernahme unterstellt – was sich dann hoffentlich mit dem „heranwachsen“ der neuen Produktionsweise klärt.
„Ausgerechnet die Feuerwehr als Beispiel anzuführen, warum Commons nicht
funktionieren können ist jetzt aber schon ein bisschen absurd, weil es
doch einer der wenigen Bereiche ist, bei denen Freiwilligkeit in weiten
Teilen des Landes heute schon super funktioniert.“
Sie funktioniert GERADE NOCH und nur ausnahmsweise in Deutschland einigermaßen. Gerade an der Feuerwehr ist zu sehen, dass es immer mühsamer wird, die nötige Anzahl an Aktiven zusammenzubekommen und: dass, wenn jede/r sich in vielen lebensnotwendigen Feldern ähnlich engagieren müsste, um alles hinzubekommen, dann eben das Potential an Zeit und Interesse definitiv an Grenzen kommt.