Commons auf dem »Prüfstand« — die Fragen

In Österreich lässt die Regierung „alternative Wirtschaftskonzepte“ prüfen, die „die Lebensqualität und das Wohlbefinden der Menschen zu erhöhen und dabei gleichzeitig innerhalb der ökologischen Tragfähigkeit des Planeten zu bleiben“ vermögen. Wow, welche Regierung macht das schon und denkt dabei an die Commons? Na, aber wie zu erwarten weisen die Fragen auf den üblichen, althergebrachten Rahmen jener Wirtschaftsweise hin, die dabei ist, jene ökologische Tragfähigkeit zu untergraben und die Lebensqualität zu reduzieren.

Silke Helfrich, unsere Nachbarin vom CommonsBlog, erhielt die Fragen vom Sustainable Europe Research Institute (SERI) und lud mich ein, die Antworten mitzuformulieren. Sie hat auch schon darüber gebloggt. Wir schrieben also ein Vorwort:

Die folgenden Fragen scheinen vom dominierenden Paradigma geleitet. Sie fußen auf Grundannahmen, die ihrerseits nicht als fragwürdig wahrgenommen und deshalb nicht in Frage gestellt werden. Das ist die zentrale Schwierigkeit für die Beantwortung Ihrer Fragen aus Commons-Perspektive.

Wenn wir Albert Einstein folgen, so können Probleme nicht mit denselben Denkweisen überwunden werden, die sie erzeugt haben. Mit dem Commons-Ansatz gehen wir daher einen anderen Weg. Commons sind – so meinen wir – eine Art der Weltgestaltung (d.h. mehr als eine Wirtschaftsweise), die sich auf ein anderes Paradigma stützt, also auf ein anderes Sortiment an Grundüberzeugungen. Es geht hier weniger darum, wie die existierenden Probleme – gekleidet in gewohnte Begriffe und Institutionalisierungsformen – durch Commons gelöst werden können, sondern darum, die hinter diesen Begriffen verborgene Denkweise, sowie eingeübte Wahrnehmungs- und Weltgestaltungsmuster theoretisch wie praktisch zu revidieren. Ganz banal gesagt. Nicht „Welche Bedeutung hat Arbeit für das Gute Leben?“, sondern zunächst einmal: „Welches Konzept von Arbeit wollen wir in welchem gesellschaftlichen Kontext verwirklicht sehen?“

Von Commons als zeitgemäße Weltsicht und Wirtschaftsweise sind erst Umrisse sichtbar. Doch klar ist: Der Ansatz bricht mit zentralen Imperativen der Warenlogik (Tausch, Wachstum, Nutzenmaximierung u.v.m. als unhinterfragte Kernkategorien der Wirtschaft). Es ersetzt sie durch direkte und durchaus skalierbare kommunikative Formen der Selbstorganisation und Bedürfnisorientierung. Dies wiederum fußt auf anderen Grundannahmen vom Menschen, der als grundsätzlich bedürftiges – und damit von Anderen abhängiges –, soziales Wesen begriffen wird.

Commons beruhen also auf einem anderen Paradigma, was die Beantwortung der Fragen zu einer besonderen Herausforderung gemacht hat.

Und so sahen die Fragen aus:

Arbeit

  • Welche Bedeutung hat Arbeit für das gute Leben?
  • Wie sehen Sie die Zukunft der Arbeit?
  • Sollten noch mehr informelle Tätigkeiten in den Markt integriert werden? Wenn ja welche? Wenn nein, warum nicht?
  • Wie wird sich die Arbeitsproduktivität in Zukunft entwickeln?
  • Wie viel Stunden pro Kopf müssen wir in Zukunft arbeiten? Und wie lange?
  • Wie hoch kann der Anteil an Dienstleistungen am BIP sein?
  • Wie kann Beschäftigung für alle ohne ein stetiges Wirtschaftswachstum erreicht werden?
  • Welche Maßnahmen sind notwendig, um ihre Vorstellungen einer nachhaltigen Arbeitswelt umzusetzen?

Umwelt/Ressourcen:

  • Wie entwickelt sich in Ihrem Ansatz Ihrer Ansicht nach der Ressourcenverbrauch (kurz, mittel, langfristig; abiot./biot. Material (primär/sekundär; ), Wasser, Land?
  • Wie entwickelt sich der Carbonverbrauch, wie die Umwelt, Biodiversität, etc.?
  • Wie sind die Stocks, built environment betroffen?
  • Verteilung der obigen Kategorien weltweit (im eigenen Land, EU, global – Industrie–, Schwellen-, Entwicklungsländer)
  • Wie kann sich das Konsumverhalten verändern (z.B. Nutzen statt besitzen, etc.)?
  • Wie lässt sich der Rebound-Effekt vermeiden?
  • Welche konkreten Ideen haben Sie, um ein anderes Wirtschaften mit weniger Ressourcen- und Umweltverbrauch umzusetzen?
  • Welche Lösungsansätze gibt es, wenn es kein oder geringes Wachstum gibt?

Innovation, Wettbewerbsfähigkeit, Technologie ((im eigenen Land, EU, global – Industrie–, Schwellen-, Entwicklungsländer)

  • Welche Art von Innovationen sind notwendig, um im globalen Wettbewerb zu bestehen (auch in Zeiten geringeren Wirtschaftswachstums)? (technologische, soziale, systemische Innovation, etc.)
  • Wie lassen sich bekannte, vielversprechende Technologien verbreiten, bzw. gewünschtes soziales und individuelles Verhalten umsetzen?
  • Wie wirkt sich das auf die Kostenstruktur und die Verteilung aus, wer sind die Gewinner/Verlierer?
  • Wo entstehen wichtige Innovationen? Key players? Erfolgsfaktoren?
  • Welchen Stellenwert hat für Sie technischer Wandel?
  • Welche politischen Maßnahmen sind notwendig, um technischen Wandel zu fördern?
  • Welche Rolle spielen für Sie die Arbeitsproduktivität und die Ressourcenproduktivität, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen?
  • Welche Maßnahmen sind notwendig, um im globalen Wettbewerb genügend Arbeitskräfte mit passenden Qualifikationen zu haben?
  • Wie lassen sich Maßnahmen im Bereich Wettbewerbsfähigkeit/Innovationen und technischer Wandel in Zeiten leerer Staatskassen finanzieren?
  • Wie wirkt sich geringes Wachstum auf Innovationen aus?

Im nächsten Post gibt’s unsere Antworten 🙂

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