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Zwölf Vorteile commons-basierter Ansätze

[1]Kevin Hanson, ein Filmemacher, Wissenschaftler und Erfinder aus der Nähe von Philadelphia (USA), extrahiert in seinem Film Common Healing [2] (Gemeinsame Heilung) zwölf Punkte, die seiner Aufassung nach commons-bezogene Ansätze auszeichnen. Der Dokumentarfilm befasst sich mit der Frage, was und wie wir aus den Erfahrungen vor allem traditioneller Commons lernen können. Nachfolgend die zwölf Punkte in deutscher Übersetzung — abgeschlossen von einem kurzen Kommentar. [via [3]]

Eins: handlungsfähig

Ein Commons-Ansatz macht aktuell handlungsfähig. Er kann verfahrene Situationen durch das Angebot neuer Bewegungsmöglichkeiten auflösen. Im Commons-Rahmen ist eine Regierungsgenehmigung keine Voraussetzung.

Zwei: deklarativ

Ein Commons-Ansatz ist deklarativ. Durch Handlungsaufruf per Souveränitätserklärung wird eine komplette Situation in Commons-Begriffen redefiniert. Der markante Akt der Deklaration einer neuen Souveränität über ein Commons könnte auch auf breites Interesse stoßen.

Drei: praktisch

Ein Commons-Ansatz bietet praktisches Management inspirierter Absichten. Weil die den Commons-Aktivitäten zugrundeliegenden Prinzipien von Haus aus subjektiv und objektiv sind, wird der interne Fluss der Intuitionen in Anspruch genommen, um die Commons-Prinzipien in eine physische Form zu bringen. Dies »kanalisiert« effektiv Inspirationen in die Alltagswelt. Commons-Prinzipien bilden die Ideale als Teil der Lehre, die in Religionen und spirituellem/philosophischem Denken wohlbekannt sind. Sie sind eine wirkungsvolle »Bedienungsanleitung für höhere Absichten«.

Vier: Wohlwollen

Der Commons-Ansatz erfordert guten Willen. Wir beginnen unsere wesentliche gegenseitige Verbundenheit vermittels des Commons-Denkens zu erkennen – und daher so zu handeln, dass die anderen Interessen als unseren eigenen befördert werden. Ein breites Denken ist erforderlich beim Verständnis der zugrundeliegenden Bedeutungen und Absichten anderer Menschen und lebenden Wesen. Dieses benötigt Schritte grundlegenden Wohlwollens, Vertrauen, Einsatz und Kooperation, der sich in den aktuellen Tätigkeiten ausdrückt.

Fünf: Soziale Legitimität

Sozial orientierte Organisationen sind wesentlich für die Commons-Tätigkeit – und tragen ein weit größeres Gewicht sozialer Legitimität.

Sechs: gemeinsames Gedankengut

Die Kriterien erfolgreich betriebener Commons sind gemeinsames Gedankengut: a) Sind alle in den Nutzen der Commons eingeschlossen? b) Sind alle für das Wohlergehen der Commons verantwortlich? c) Sind die Commons wohlbehalten, sich verbessernd oder beides? d) Ist ihr Management fair und fundiert?

Sieben: reichhaltige Beispiele

Beispiele erfolgreichen Commons-Managements sind reichlich vorhanden. Zum Beispiel kann eine Kreditgenossenschaft oder eine Landwirtschaftskooperative ohne Weiteres in eine vollständig sozial orientierte Organisation umgewandelt werden, da sie bereits ähnliche Ideale verkörpern. Die Ausrichtung vorhandener Organisationen kann besser an sozial orientierte Ziele angepasst werden.

Acht: restaurative Nachhaltigkeit

Ein Commons-Ansatz schließt auf natürliche Weise die »Restauration der Werte« ein, die natürlichen Ökosysteme zugrunde liegt – ausgeweitet auf menschliche Bestrebungen. Er verkörpert daher Nachhaltigkeit als grundlegendes Element, so dass eine ökologisch fokussierte Aktivität natürlich ist.

Neun: Natur ist explizit vertreten

Die Welt der Natur ist explizit im Commons-Ansatz eingeschlossen. Die Menschheit ist Treuhänder für andere lebende Wesen.

Zehn: Bessere bereichsübergreifende Integration

Commons-Ansätze benötigen Aktivitäten, um bereichsübergreifend integriert zu sein; mit aufgeschlossenem Denken bedarf es einer viel besseren Integration von Praktiken, die vorher in »Silos« liefen.

Elf: Ökonomie und Politik werden auf positive Weise neu ausgerichtet

Ökonomie und Politik, die gemeinschaftliche Organisierung braucht, werden als praktische Umsetzung inspirierter Absichten neu ausgerichtet. Diese Neuorientierung von Ökonomie und Politik entlang höher gesinnter und prinzipientreuer Ausrichtungen bietet einen Ansatz und ein Ziel für verantwortungsvolle Regierungsführung und faire Ökonomie.

Zwölf: Rechte und Verantwortlichkeiten für alle

Ein Commons-Ansatz unterstellt von Haus aus Verantwortlichkeit und Rechte für alle. Niemand bleibt außen vor. Es ist die Verantwortung aller Commons-Treuhänder (tatsächlich meint das jede/n) verantwortlich zu sein — auch für jene, die nicht sprechen. Wegen oben genannten Aufgeschlossenheit schließt dies nicht nur die jungen, älteren oder behinderten Menschen ein, die nicht für sich selber sprechen können. Es meint auch die Entrechteten, die Armen, die Indigenen und andere Menschen, die traditioneller Weise keine bedeutende Stimme in Politik und Ökonomie haben. Es geht jedoch noch weiter, denn Rechte anderer lebender Organismen sind ausdrücklich in der Treuhänderschaft des Commons-Ansatzes enthalten. Mit anderen Worten, die lebende Welt, die Welt der Natur hat auch eine Stimme. Ihre sind nicht nur Stimmen, die wir respektieren, sondern auch bekräftigen müssen als Teil des Gegenseitigkeits-Dialogs, der für das Commons-Denken wesentlich ist.

Für schwer lösbare Situationen wir der Klimawandel, zerstörerischer politischer Stillstand, soziale Gerechtigkeit und ökonomische Ermächtigung könnten solche Praktiken nützlich sein.

Kommentar

Ich habe die zwölf Punkte übersetzt, um eine wichtige ethisch motivierte Strömung des Commons-Diskurses zu dokumentieren. Handlungen und Entscheidungen werden hier aus Wertmaßstäben erklärt, wobei unklar bleibt, woher diese eigentlich kommen. Man müsse sie »haben« bzw. sie an andere Akteure herantragen (Ökonomie, Politik), damit sich Commons als Denken und Handeln durchsetzen kann. Dabei sind es substanzielle, material fundierte Prozesse, die Commons ermöglichen oder unmöglich machen. Commons setzen sich durch, wenn sie substanziell für die Beteiligten besser sind — egal, welche persönlichen Wertmaßstäbe sie in Commons mitbringen. Zu erkennen, dass die eigenen Bedürfnisse mit der Umsetzung der Bedürfnisse der anderen Commoners einhergehen (wie es in Punkt 4 im Interessen-Jargon genannt ist), ist kein Ergebnis eines vorausgesetzten Wohlwollens, sondern umgekehrt ein Wohlwollen kann sich praktisch in dem Maße durchsetzen wie strukturell ein Wohlwollen und Wohlkönnen für alle möglich ist. Wohlwollen muss man sich »leisten« können.

Fazit: Viele treffende Beobachtungen, aber die Erklärung steht gewissermaßen auf dem Kopf. Das ist aber für das gemeinsame Handeln nicht weiter tragisch.