Was ist »Information«?

Streifzüge 46Um die »Information« geht es in der aktuellen Kolumne »Immaterial World« in den Wiener »Streifzügen«. Themenschwerpunkt des aktuelle Heftes sind die »Ressourcen«. Obwohl vorher nicht geplant, passt die Kolumne ganz gut in das Thema rein, handelt es sich bei der Information doch um eine spezielle Ressource.

Die umstrittene Kernthese der Kolumne lautet: Information ist keine Erscheinung der unbelebten Natur, sondern an das Leben gebunden. Damit werden alle »physikalistischen« Ansätze (also die allermeisten) zurückgewiesen. Warum ist das wichtig?

Information ist kein Phänomen, das an den Dingen klebt wie eine Eigenschaft. Es ist auch keine Erscheinung, die das Lebewesen »sich« willkürlich erzeugt. Information ist immer das Verhältnis von einem Lebewesen und einer Sache (im weitesten Sinne), die für das Lebewesen eine Bedeutung hat. Die Information ist sozusagen das „dazwischen“.

Das gilt auch für den Menschen. Dort kommt eine weiterer Aspekt hinzu. Da die Lebensbedingungen im umfassenden Sinne hergestellt werden und damit allgemeine gesellschaftliche Gültigkeit haben, bedeutet individuelle »Informationsverarbeitung«, sich die Tatsache der gesellschaftlichen Hergestelltheit individuell kognitiv anzueignen. Es ist also nicht der Computer, der Informationen verarbeitet, sondern wir sind es, die die Bedeutung der gesellschaftlich produzierten Informationen erkennen. Der Computer die Netzwerke sind letztlich nur Werkzeuge, die Zeichen transformieren und transportieren.

Wenn die Produktion (im umfassenden Sinne verstanden) im beschriebenen Sinne primär ist, wird klar, warum es nicht ausreicht, sich die bislang produzierten Produktionsmittel unter den Nagel zu reißen — etwa um eine Freie Gesellschaft aufzubauen. Die Produktionsmittel sind eben nicht nur Mittel zur Produktion der Lebensbedingungen (ohnehin nur die auf die »Ökonomie« bezogenen), sondern es sind auch die Informationsträger, die die Art zu produzieren »enthalten«. So wie die Technik ist, so denken wir auch.

Andersherum erfordert ein wirklich transformativer, den Kapitalismus überwindender Ansatz, dass wir unsere Lebensbedingungen in tatsächlich neuer Weise produzieren — umfassend verstanden, nicht nur bezogen auf die »Ökonomie«. Erst bei der Schöpfung neuer Arten und Weisen, die Lebensbedingungen herzustellen, schaffen wir auch die neuen Denkformen, die wir brauchen, um genau dies tun zu können. Es ist also eine Art rückgekoppelter oder — was das Gleiche meint — permanenter Lern-Prozess.

Ungelöst scheint mir weiterhin die Frage zu sein, inwieweit die bisher geschaffenen gegenständlichen Mittel trotz der beschriebenen Problematik in die neue Produktionsweise eingehen können ohne diese durch ihr eingeschriebene »alte Logik« die zu zersetzen. Hier fallen mir zwei Antwortrichtungen ein. Erstens gilt es, die alten Mittel kritisch unter die Lupe zu nehmen. Allerdings ist Kritik begrenzt, weil sie ein Wissen darüber voraussetzt, wie denn die neue Produktionsweise funktioniert, vor dessen Hintergrund die alten Produktionsmittel nicht förderlich oder gar schädlich wirken. Zweitens hilft ein Blick in die Geschichte, längst zerstörte soziale und gegenständliche Produktionsformen und -mittel wieder herauszuholen und von diesen zu lernen, um sie in eine zukünftige Produktion einzubeziehen.

Damit ist nicht ein »Zurück« (das es ohnehin nicht gibt) zu einer romantisierten Idylle eines überschaubaren Handwerker(innen)-Daseins gemeint, sondern — mit Karl Polanyi gesprochen — die Wiedereinbettung der Produktion in die sozialen Beziehungen und das tägliche Leben.

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