Oekonux-Konferenz, die Vierte

Richard Stallman auf der WOS 1 [Quelle: wizards-of-os.org/archiv/wos_1.html, CC-BYSA]Nach längerer Ruhe und einigem Stress in der deutschsprachigen Oekonux-Community, hat der Maintainer des Oekonux-Projektes, Stefan Merten, nun vorgeschlagen, eine neue Oekonux-Konferenz zu organisieren. Es wäre dann die vierte ihrer Art. Als Ort wird Manchester angepeilt, wo mit Yuwei Lin eine prominente FLOSS-Forscherin die Konferenz vor Ort unterstützen kann. Die Konferenz soll in Kooperation mit der P2P-Foundation von Michel Bauwens durchgeführt werden.

Doch was ist »Oekonux« eigentlich?

Bild: Richard Stallman als »Sankt iGNUtius« auf der ersten Wizards-of-OS Konferenz, dem Ursprungsort des später »Oekonux« genannten Projektes [src]

Geschichte des Oekonux-Projektes

Das Oekonux-Projekt startete im Juli 1999 nach einem Workshop auf der ersten Wizards-of-OS Konferenz mit der Einrichtung einer (deutschsprachigen) Mailingliste, eine englischsprachige Liste folgte im September 2000. »Oekonux« ist eine Wortverbindung von »Oekonomie« und »GNU/Linux«. Ziel ist die Diskussion von gesellschaftlichen Verallgemeinerungsmöglichkeiten der Prinzipien Freier Software. Neben der virtuellen Diskussion spielen die Oekonux-Konferenzen eine wichtige Rolle im Projekt.

Die erste Oekonux-Konferenz fand in 2001 Dortmund statt. Unter dem Motto »Die Freie Gesellschaft erfinden. Von der Freien Software zur Freien Welt« wurden einerseits wichtige Grundlagen einer gesellschaftstheoretischen Verallgemeinerung der prinzipien Freier Software zusammengetragen und andererseits erste konkrete Beispiel einer Übertragung in Nicht-Softwarebereiche vorgestellt. Heute wissen wir, dass die damals euphorisch begrüssten Projekte eines Open-Source-Cars oder einer Freien CPU nicht den Durchbruch brachten und nicht vom Fleck kommen.

Die zweite Oekonux-Konferenz in Berlin 2002 stand unter dem Eindruck des kurz zuvor erschienenen Werks »Empire« von Michael Hardt und Antonio Negri, die mit ihrer optimistischen Metaphorik vom »spontanen Kommunismus« die eigenen Überlegungen zu befeuern schienen. Das Motto war nun allerdings schon etwas skeptischer formuliert: »Wertfrei und Spaß dabei! Von der Freien Software zur Freien Gesellschaft?« Die »Oekonux-Theorie« galt nun als weitgehend konsolidiert, wenn auch nie als fixiert und unumstritten.

Die dritte Oekonux-Konferenz in Wien 2004 war in gewisser Weise Höhe- und vorläufiger Abschlusspunkt der Entwicklung des Oekonux-Projektes. Das Motto lautete »Reichtum durch Copyleft. Kreativität im digitalen Zeitalter«. Die Ausschöpfung der eigenen Thematik, eine gesuchte Ausweitung in andere Bereiche, eine Öffnung der Theorie und der Wunsch nach konkreten Projekten erzeugte nach der Konferenz starke zentrifugale Kräfte. Eigentlich ein ganz normaler Projektverlauf. In der Folge konnte insbesondere in der deutschsprachigen Community kein neuer Fokus gefunden werden.

Nach der 3. Konferenz zerrieb sich die deutschsprachige Community langsam aber sicher. Die englischsprachige Community lief ohnehin bis dato nur auf recht niedrigem Niveau. Bislang war Oekonux eindeutig eine deutschsprachige Angelegenheit, was bei den Konferenzen immer nur kurzzeitig durchbrochen werden konnte. Im Sommer 2006 richtete die deutschsprachige Liste eine kollektive Moderation ein, um einem lange schwelenden Troll-Problem zu begegnen, was aber wie erwartet die Kommunikation fast stilllegte.

Inzwischen ist die englischsprachige Community aktiver geworden. Diese Community wird von Leuten getragen, die selbst in unterschiedlichen Projekten verankert sind und aus diesen ihre Motivation ziehen. Oekonux ist dann eine gemeinsame Austauschplattform über die Projektgrenzen hinweg. Als bedeutender Beitrag liegt inzwischen außerdem das Konzept einer Peer-Ökonomie von Christian Siefkes (zur Zeit nur) auf englisch vor. Zwar ist die Rezeption noch dürftig, aber als klarer Trend hat sich »Peer-Produktion« bereits als neuer verallgemeinernder Begriff etabliert. Damit ist auch die einengende Fokussierung auf die Freie Software überwunden, wenngleich sie sicher weiterhin eine wichtige Rolle spielen wird. Vielleicht gelingt es ja, die »Peer-Produktion« als neue gemeinsame inhaltliche Diskursplattfom zu etablieren. Die vierte Oekonux-Konferenz könnte dabei eine Rolle spielen.

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