Schlagwort: tragik der allmende

Rezension »Was mehr wird, wenn wir teilen«

(Rezension erschienen in: »Das Argument«, Nr. 295/2011)

Ostrom, Elinor, Was mehr wird, wenn wir teilen. Vom gesellschaftlichen Wert der Gemeingüter, hgg. von Silke Helfrich, oekom, München 2011 (126 S., geb., 14,95 €)

Verf. wurde schlagartig bekannt, als ihre Forschungen zu Gemeingütern 2009 mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften ausgezeichnet wurden. Sie holte damit ein Thema ins Rampenlicht, das lange Zeit im diskursiven Abseits stand, nachdem der Ökologe Garrett Hardin 1968 mittels eines Denkspiels eine unabwendbare ›Tragik der Allmende‹ behauptet hatte: Eine zugangsoffene Weide werde zwangsläufig übernutzt, weil die einzelnen Viehhirten ihren eigenen Nutzen zu maximieren suchen. Nur ein privates oder staatliches Eigentumsregime, das den Zugang zur Weide reguliert, könne dies verhindern. Dieses Denken hatte und hat enormen Einfluss auf die (neo-)liberale Theoriebildung in den Wirtschaftswissenschaften. (mehr …)

Die Ideologie der »Tragik der Gemeingüter«

Was ist Ideologie? Darauf kann man differenziert antworten oder schlicht feststellen: Ideologie ist, wenn Unsinn durch penetrante Wiederholung den Anschein einer »Erklärung« bekommt. Genau das geschieht mit der Erzählung der tragedy of the commons, zu deutsch: Tragik der Allmende (Unbekannt? Weiter unten gibt’s eine Erklärung). Die Ideologie-Tragödie wird nun abermals von der Süddeutschen Zeitung aufgeführt:

Wenn nüchterne Akademiker theatralische Metaphern verwenden, sollte man hellhörig werden.

Wenn Artikel so anfangen, folgt die »Tragödie« postwendend. (mehr …)

Commons-Debatte: open access commons?

Nach der Internationalen Commons-Konferenz in Berlin hat auch die Commons-Debatte einen Schub bekommen. Viele der Teilnehmer_innen diskutieren auf der Commoning-Mailingliste. So eine Debatte auf einer Mailingliste hat trotz des öffentlichen Archivs stets etwas von einem Inner-Circle, der für Leute außerhalb nur schwer zugänglich ist. Deswegen werde ich ab und zu mal was aus dieser Diskussion berichten.

Erstes Thema: Gibt es »open access commons«?

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Gemeingüterreport: Wohlstand durch Teilen

Titelseite des GemeingüterreportsSilke Helfrich, Rainer Kuhlen, Wolfgang Sachs und ich haben ein kleines Buch – einen Report – geschrieben. Es geht darin – wieder einmal – um die Gemeingüter. Während Silkes letztes Buchprojekt zum Thema (in dem ich mit einem Beitrag [PDF] vertreten bin) recht dick und wissenschaftlich ausgefallen ist, ging es uns diesmal um eine leicht verständliche und gut lesbare Einführung ins Thema.

Wir erzählen die Geschichte und Philosophie der Commons in vielen kleinen Geschichten, die insgesamt hoffentlich ein gutes Bild davon vermitteln, was Gemeingüter ausmacht, wie sie funktionieren und warum sie wesentlich sind. Auf 50 mit vielen Zitaten, Grafiken und bunten Bildern geschmückten Seiten führen wir so in ein Thema ein, das in der Öffentlichkeit zuletzt mit dem Nobelpreis für die Commons-Forscherin Elinor Ostrom Schlagzeilen gemacht hat. Keimform-Leser/innen sind die Commons natürlich bestens vertraut, trotzdem glaube ich dass bei Lektüre des Reports jede/r noch die eine oder andere Erkenntnis oder Anregung finden wird!
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Die Commons in den Zeiten der Cholera

arranca-TitelblattDie Zeitschrift arranca! hat in ihrer aktuellen Ausgabe einen Schwerpunkt zum Thema „Transformationsstrategien“. Ich habe dazu auch einen Artikel beigetragen, nämlich den hier:

Wie herauskommen aus dem kapitalistischen Elend? Wir müssen uns wohl vor allem erst einmal fragen, was nicht geht. Sei es aus analytischen Gründen, aus solchen der historischen Situation oder der historischen Erfahrung. Erst dann können wir anfangen zu überlegen, was gehen könnte. Ein recht anspruchsvolles Programm, für einen Zeitschriftenartikel.

Was nicht geht

Es gibt im Wesentlichen zwei Hauptströmungen linksradikaler Transformationsvorstellungen. Zum einen ist da der Politizismus, also die Vorstellung, der Kapitalismus ließe sich auf politischem Weg aufheben, durch eine Eroberung der Macht. Wenn man die Macht einmal hat, führt man dann schrittweise per Reform oder plötzlich per Revolution den Sozialismus ein. Die andere Strömung – man könnte sie Kooperatismus nennen – versucht in unmittelbaren, alltäglichen, konkreten Lebenszusammenhängen zu wirken. Von dort soll durch ein Zusammenwachsen oder Vernetzen dieser unterschiedlichen Basisinitiativen am Ende die Gesellschaft als Ganzes verändert werden. Heute findet man oft den Anspruch (und selten die Realität), irgendwie beides zu machen.

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Commons… wiederentdeckt!

Wat nix kost is nix

[Dieser Text ist die Einleitung zum Contraste-Schwerpunkt Dezember 2009 zum Thema „Gemeingüter“, in dem auch die verlinkten Artikel erschienen sind.]

Die Debatte um die »Commons« schien 1968 erledigt. Damals veröffentlichte der Biologe Garrett Hardin in »Science« den berühmten Artikel »The Tragedy of the Commons«. Darin heißt es: »Indem die Individuen einer Gesellschaft, die an die freie Nutzung der Gemeinschaftsgüter glaubt, ihre eigenen Interessen verfolgen, bewegen sie sich in die Richtung auf den Ruin aller.« (zitiert nach Barner S.31). Hardin behauptet in durchaus logischer Argumentation, dass Gemeingüter nicht funktionieren und nur plan- oder marktwirtschaftliche Modelle erfolgreich sein können.

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Wann klappt Selbstorganisation?

Das ist die zentrale Frage, die Elinor Ostrom mit ihrem Forschen schon seit vielen Jahren zu beantworten versucht. Eine Frage, die auch uns hier natürlich sehr interessiert. Ich war dank der Empfehlung des Commonsblogs bei einem Vortrag von ihr. Das Ambiente war zwar etwas bizarr, weil an einer privaten Finanz-Edeluni (gepolsterte Stühle im Hörsaal! Zentral gesteuerte Displays als Belegplan vor jeder Tür! Riesenbildschirme mit Finanznachrichten im Foyer!), aber der Vortrag war sehr interessant.

Ich kenne ihre Bücher nicht, deswegen wird das sicherlich etwas verkürzt sein, was ich hier darstellen kann, aber ich versuche mein Bestes, um an Hand der Notizen, die ich mir gemacht habe, die Grundstruktur ihrer Theorie darzulegen.

Ihre grundsätzliche Fragestellung ist, unter welchen Bedingungen das nachhaltige Bewirtschaften von „Common Pool Ressources (CPR)“ (also zum Beispiel Fischgründe, Wald, Atmosphäre, …) funktioniert. Dabei musste sie sich wohl sehr lange erstmal an der klassischen Theorie in diesem Bereich abarbeiten, die auf einen Aufsatz von Hardin mit dem Titel „Tragedy of the commons“ (Tragik der Allmende) zurückgeht. Hardin sagt, dass der Eigennutz der Nutzer der Allmende immer dazu führen muss, dass diese übernutzt wird, wenn es nicht eine äußere Instanz gibt, die die Nutzungsrechte vergibt. Das Problem an dieser Theorie ist, dass sie zwar schön prägnant klingt und deshalb auch viel weitergetragen wurde, aber dass sie leider falsch ist. Das zeigen viele empirisch vorfindbare selbstorganisierte Allmenden. Sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart.

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