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»Kapitalismus aufheben« — Kapitel 1

[1]Das Buch »Kapitalismus aufheben. Eine Einladung, über Utopie neu nachzudenken« von Simon Sutterlütti und Stefan Meretz ist im VSA-Verlag [2] erschienen und online auf der Website commonism.us [3] verfügbar. Die Kapitel können hier auf keimform.de einzeln diskutiert werden. Hier geht es um das Kapitel 1:

Einleitung

In der Einleitung (PDF [4]) lassen wir emanzipatorische Bewegungen der Vergangenheit Revue passieren und stellen fest, dass ihr Scheitern ein Gefühl der Hoffnungslosigkeit zurückgelassen hat. Wesentlicher Grund dafür ist aber auch, dass es keine gut begründete, ausformulierte Theorie einer gesellschaftlichen Alternative, keine Utopie mehr gibt. Unser Buch will dem entgegentreten und die Frage beantworten: Wie muss eine befreite Gesellschaft aussehen und wie kann sie entstehen und sich durchsetzen?

In einem zweiten Abschnitt setzen wir uns mit Theorie auseinander. Warum brauchen wir überhaupt Theorie, ist das nicht alles sehr anstrengend? Wäre es nicht einfacher, einen Entwurf einer zukünftigen Gesellschaft einfach runter zu schreiben? Doch jeder Entwurf, jede Überlegung eines Anderen basiert auf einer Theorie:

Unsere alltäglichen Theorien sind so alltäglich geworden, dass sie uns nicht mehr wie Theorien erscheinen. Andere Erklärungen und andere Vorstellungen über die Welt passen da nur sehr bedingt hinein. Doch sie können unsere Sichtweise der Welt neu beleuchten, denn unsere Sichtweise bestimmt unser Handeln, Leben, selbst unser Fühlen. Neue Theorien drängen auf ein Hinterfragen der eigenen Lebenspraxis und Lebensmuster. (S. 20f)

Nehmen wir also »einfach« unsere Alltagstheorien, dann ist die Gefahr groß, eben dieses Alltägliche denkend nicht überschreiten zu können. An dieser Stelle muten wir den Leser*innen einiges zu, denn wir lesen viele bekannte Begriffe und Theorien quer, und an einigen Stellen brechen wir gar mit ihnen, wenn sie uns wie Denkblockaden erscheinen.

In einem dritten Abschnitt kritisieren wir den Kapitalismus. Wir packen die Kritik am Kapitalismus in die Einleitung, weil sie nicht im Zentrum unseres Buches steht. Da gibt es andere und bessere Bücher. Und dennoch wollten wir einige grobe Züge unserer kategorialen Kritik, wie wir sie nennen, formulieren, denn eine kategoriale Utopie, wie wir sie später im Buch entwickeln, setzt eine kategoriale Kritik voraus. Tatsächlich war unser Forschungsprozess nicht so deduktiv »erst Kritik, dann Utopie«, sondern eher ineinander verschlungen, aber in der Darstellung kommt eben erst die Kritik und dann die Aufhebung in Form der Utopie. In der Kritik heben wir die Aspekte – oder eben Kategorien – des kapitalistischen Zusammenhangs heraus, die uns wesentlich erscheinen und auf die die kategoriale Utopie gewissermaßen »antwortet«.