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NK-Projekte – aus chinesischer Sicht

[alle Texte der Broschüre „ich tausch nicht mehr – ich will mein Leben zurück“] [1]Cover der Broschüre "ich tausch nicht mehr - ich will mein Leben zurück"

Bei meiner letzten China-Reise 2011 habe ich mit alten und neuen Bekannten viel über sie und China gelernt. Wenn sie etwas über mich wissen wollten, habe ich auch etwas über unsere Projekte erzählt (NK-Kartoffel, Sissi/Lernwerkstatt, Anfänge der Kaskade)[1] [2] und um Reaktionen gebeten. Hier einige Kommenare:

Q.W. (31, Dr.d.Mathmatik, IT-Ingenieur): Niemand wird Euch hindern, ins Mittelalter zurückzukehren – aber die globale Entwicklung wird exakt in die Gegenrichtung gehen.

Li S. (68, Rentner, ehemals Metall-Facharbeiter): In meiner Jugend haben wir in unserer Volkskommune versucht, fast alles neu zu gestalten: solidarische Arbeitsteilung, Aufhebung der Trennung von Hand- und Kopfarbeit, gleichberechtigte Beziehung von Frauen und Männern, gemeinsame Kindererziehung in kleinen Gruppen, gemeinsame Großküchen. Das war ein abenteuerliches Leben – viele Bedenken in uns mussten überwunden werden. Das fand aber bald ein Ende, als es nicht mehr freiwillig war: die Partei hat das befohlen und gelenkt – selbst ich ging bald in passive Opposition.

Wenn Ihr jetzt etwas ähnliches unter völlig anderen Bedingung versucht, wünsche ich Euch viel Glück! Berichtet, wie es bei Euch weiter geht.

P.Zh. (62, Professorin, Gelehrte): Vielleicht interessieren Euch einige Sätze von Konfuzius, die mir bei den Schilderungen eingefallen sind:

Sh.Li (42, angestellte Zeichnerin): Meine kleine Familie muss sehr hart arbeiten, um die vielen Verpflichtungen zu erfüllen: zusätzlich zu den Kosten für Essen und Trinken die Kosten für das Haus (=Eigentumswohnung), das Schulgeld für zwei Kinder, die finanzielle Unterstützung des kranken Vaters, eine Zusatz-Ausbildung, um eine Aufstiegschance zu bekommen. Das können wir alleine gar nicht schaffen: ohne die Hilfe der weiteren Familie, meines „Familien-Verbandes“ wären wir aufgeschmissen.

Sind Eure Wohn- und Finanzgruppen etwas Ähnliches? Familie ist für uns ein sehr hohes Gut, ein eigener Wert – und das hat eine jahrhundertelange Tradition. Ich verstehe Eure Gruppen nicht: wie lange halten die zusammen, wie und warum finden sich Menschen zusammen, wie sehr kannst Du Dich darauf verlassen, dass das wirklich „gegenseitig“ ist ? Ist das bei Euch auch eine Art „Tradition“?

Du.L. (38, Übersetzerin für Gelegenheitsaufträge, Studentin): Ich schätze diese Projekte, habe Ähnliches in der Schweiz mitgekriegt, aber frage mich und Euch: wie geht Ihr mit dem Hunger in der Welt um, mit den vielen globalen Katastrophen? Blendet Ihr das aus, weil das nur lähmt – oder könnt Ihr Euch gemeinsam dazu verhalten? Das sind keine Vorwürfe – das sind Fragen.

S.L. (35, mittleres Management in einem internationalen Konzern): Ich bin Parteimitglied, weil ich trotz aller Kritik sehe, dass China eines der wenigen Länder ist, in dem es keinen Hunger mehr gibt, in dem es langsame Verbesserungen für die vielen sehr armen Menschen in den letzten 30 Jahren gegeben hat. Vieles ist noch schlecht, muss verbessert werden. Wenn ich von Euren Projekten hören, bin ich unsicher, ob Ihr auch eine soziale Verantwortung für die Armen in Eurer Gesellschaft spürt oder ob Ihr Euch doch hauptsächlich mit Euch beschäftigt – also eher mit der Mittelschicht, die besser ausgebildet ist.[2] [3]

H.L. (31, arbeitet im Staatsapparat): Ich habe bei meinem kurzen Besuch in Deutschland auch Wukania gesehen. Vieles war neu und interessant – aber am meisten hat mich beeindruckt, dass Ihr ein so großes Projekt ohne Jugendverband, ohne Partei, ohne staatliche Förderung auf die Beine stellt – so etwas hätte ich nicht für möglich gehalten.

Fußnoten

Autor*innenbeschreibung:

Der Autor ist Opa, Renter und aktiv in der PAG, der Wukania-Lernwerkstatt, der Kaskade_Gruppe und der Friedel-Praxis-Unterstützungsgruppe.