- keimform.de - https://keimform.de -

Commons, Common Wealth, Commonismus

[1]Die Zeitschrift »Wildcat« [2] hat in ihrer Nr. 88 das Thema »Commons« [3] als Schwerpunkt. Ist schon wieder ein paar Monate her, es lohnt sich aber dennoch, in die Artikel zu schauen.

Der Artikel »Heiße Kartoffel« [4] leitet mit einem Überblick den Schwerpunkt ein. Darin findet sich u.a. diese Kritik:

Theoretisch…machen die open source-Aktivisten mit ihrer Unterscheidung von Informationen und anderen Waren einen klassischen Fehler: sie unterstellen, dass das Eigentum an materiellen Gütern kein den Gütern äußerliches soziales Verhältnis ist, sondern ihrer »Natur« entspreche. Eigentum ist ein Verhältnis zwischen Menschen, nicht zwischen Dingen und Menschen. Es hat den gleichen ausschließenden Charakter, egal ob es um materielle oder immaterielle Güter geht. Aber ist das ein Kardinalfehler, der geradezu den »Erfolg« der open source-Bewegung erklärt?

Die Kritik ist nur zu unterstreichen [5] — nur machen das die »open source-Aktivisten« tatsächlich (mal abgesehen vom gleichmachenden »die«)? Also ich habe es explizit so noch nicht gehört. Mir scheint es eher generell so zu sein, dass bei denjenigen, die überhaupt über das »Eigentum« nachdenken, dieses nicht als soziales Verhältnis begriffen, sondern fälschlicher Weise als Verhältnis zwischen Menschen und Dingen angesehen wird. Insofern ist die Kritik berechtigt, hat nur nicht notwendig mit »Open Source« zu tun, was gar noch ihren Erfolg begründe.

Der Artikel »Was war die Allmende?« [6] gibt einen historischen Überblick über die Entwicklung der Allmende und warnt damit vor romantiserenden Rückschauen. Es wird betont, dass Allmende mehr sei als »Genossenschaft«, nur habe ich mich gefragt, wer denn Allmende bloß als Genossenschaft ansieht und ob es sich dabei nicht ebenfalls um eine schräge Rückprojektion mit modernen Begriffen handelt. So ist der letzte (Aufruf-) Satz zwar zu unterstreichen:

Angesichts der weit vorangeschrittenen globalen Arbeitsteilung stellt sich heute nicht die Frage nach Kooperation von ›Marktsubjekten‹, sondern die nach gesellschaftlichem Eigentum!

Doch wird hier wieder die vorher kritisierte Sicht auf die Allmende als bloße »Kooperation von ›Marktsubjekten‹« reproduziert. Außerdem: Stellt sich tatsächlich die Frage nach »gesellschaftlichem Eigentum« oder nach »gesellschaftlichen Besitz«? — Eine wichtige begrifflich-inhaltliche Unterscheidung, die im »Wildcat«-Schwerpunkt nicht getroffen wird (da fällt Eigentum und Besitz zusammen).

Im Artikel »Kampf um Wert oder Klassenkampf!?« [7] geht’s um eine im  (Post-)Operaismus [8] stattfindende Auseinandersetzung anhand des Buches »The Beginning of History« von Massimo de Angelis, dem vorgeworfen wird, den »Klassenkampf« abzuschneiden und die Commons als ein »Außen« zu feschitisieren. In dem Artikel wird der »Klassenkampf« jedoch seinerseits zum Fetisch erhoben.

Im Artikel »Vom Empire zum Commonwealth!?« [9] geht die strömungsinterne Diskussion weiter, Hardt/Negris »CommonWealth« [10] wird vorgestellt und kritisiert. Darauf gehe ich hier nicht weiter ein, denn ich habe das Buch (immer noch) nicht gelesen.

Die Artikel »Stuttgarter Momente« [11] zu den Stuttgart21-Protesten [12] und »Nach dem Castor…« [13] zu den Castor-Blockaden wurden nur formal zum Schwerpunkt geschlagen, inhaltlich stellt nur der oben genannte Einleitungsartikel eine dürftige Klammer her. Noch nicht mal das Wort Commons kommt vor — das ist schwach.

Auch generell ist der Blick in den Artikeln »kampfistisch« verengt. Was nicht als Kampf daherkommt, wird nicht zur Kenntnis genommen. Und was tatsächlich Kampf ist, wird den Commons zugeschlagen. Hier wird die eigene Weltsicht umstandslos der Wirklichkeit aufgedrückt und diese theoriegemäß passend interpretiert. Zentrale Aspekte des (linken) Commons-Diskurses, auf den durchaus verwiesen wird (BUKO [14], analyse&kritik [15], Oekonux, Nobelpreis [16] für »Eleonore Ostrom« etc.), kommen überhaupt nicht vor. Das titelgebende Wort »Commonismus« wird auch nur im Einleitungsartikel erwähnt, spielt aber inhaltlich keine Rolle. Wohlwollend interpretiert ist das wirklich nur ein Einstieg in die Diskussion…

Vom Empire zum Commonwealth!?