Patente enteignen!

Patente sollen einen ökonomischen Anreiz bieten, neue techische Verfahren zu erfinden — zum Beispiel für die Produktion neuer Medikamente. Dass insbesondere im Pharmabereich häufig öffentliche Gelder in der Forschung eingesetzt werden, könnte alleine schon rechtfertigen, keine Patente für Privatproduzenten zuzulassen. Genau dies geschieht jedoch in aller Regel — die private Verwertung der öffentlichen finanzierten Forschungsergebnisse.

Skandalös wird die Sache, wenn die Privatproduzenten nicht willens (z.B. aufgrund zu geringer Gewinnmargen) oder in der Lage (z.B. aufgrund nicht eingehaltener gesetzlicher Hygienevorschriften) sind, das patentierte Medikament auch tatsächlich zu produzieren. Ein solcher Fall wird nun aus den USA berichtet.

Der Pharmakonzern Genzyme musste wegen Virenkontamination (aufgrund mangelnder Investition in sauberere Produktionsanlagen) wiederkehrend ein Werk schließen, das lebenswichtige Medikamente herstellt. Betroffen sind vor allem Personen, die an der Krankheit Morbus Fabry leiden. Ein Patient ist bereits gestorben — vermutlich aufgrund der Kürzung der Medikamentenzuteilung. Bis heute kann Genzyme nicht ausreichend Medikamente produzieren. Ein Patent hindert andere Hersteller daran einzuspringen. Eine Petition soll das Patent nun außer Kraft setzen.

Doch statt jeweils mühevoll mit einer Petition um das eigene Leben zu kämpfen, muss die Regel sein: Wer nicht produziert, dem wird das Patent aberkannt, und das Patent wird zum Gemeingut erklärt. Mehr noch: Der Staat könnte Bedingungen formulieren, zu welchen Bedingungen die Produktion zu erfolgen hat, könnte zum Beispiel maximale Abnahmepreise festlegen — dies minimal in den Fällen, bei denen das Gemeinwesen ohnehin teilweise die Forschung finanziert hat.

Ein Patent-Pool, der darauf basiert, dass Patent-Halter freiwillig und gegen Lizenzzahlung ihre Patente in einen Pool geben, scheint mir dagegen nur eine sehr schwache Möglichkeit zu sein, Patente auch für andere Produzenten zugänglich zu machen. Es bleibt abzuwarten, ob etwa der im Dezember 2009 eingerichtete Patent-Pool für HIV/AIDS-Medikamente (oder war’s schon im Juli 2008?) zu einer Verbesserung der Verfügbarkeit billiger Medikamente v.a. in den Südländern führen wird.

Eine Patent-Begrenzung hebt nicht die grundsätzliche Problematik der Patente — künstliche Verknappung gesellschaftlichen Wissens — auf. Aber eine konkrete Verbesserung der Situation für betroffene Patienten wäre es alle Mal.

[via who-owns-the-world.org, Gulli, New York Times]

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