Neues über das Open Source Car »C,mm,n«

C,mm;n - das Open Source Car

C,mm,n — gesprochen »Common« — ist das erste Open Source Car, das einen Prototypen hervorgebracht hat (Fotos wurden netterweise von Natur en Milieu zur Verfügung gestellt. Danke!). Die C,mm,n-Website wurde inzwischen aktualisiert. Allerdings ist sie komplett als Flash-Site gestaltet, die den Flashplayer der Version 8 haben will, Version 9 ist ihr wohl zu neu (Firefox unter GNU/Linux). Na gut, der Konqueror spielt sie. Eine zugängliche Website auf der Basis offener Webstandards wäre eigentlich angemessen. Nun aber zum Projekt.

Das C,mm,n-Projekt wird von einer ziemlich großen Kooperation getragen. Initiative und technische Umsetzung liegen bei der Niederländischen Gesellschaft für Natur und Umwelt sowie den Unis von Delft, Eindhoven und Twente. Hauptpartner sind eine Auto-Leasingfirma und eine Bank. Geld kommt von einigen niederländischen Ministerien, diversen Fonds und der Lotterie-Gesellschaft. Ein Latte von weiteren Partnern vervollständigt die Kooperation. Mit anderen Worten: Das Projekt ist richtig fett angelegt und entsprechend ambitioniert sind die Ziele.

C,mm,n versteht sich als »Open Source Community für nachhaltige individuelle Mobilität«. Die Entwürfe und Pläne sollen veröffentlicht werden. Alle können sie nutzen, verändern und wieder der Community zurückgeben — Wikipedia wird als Modell für eine kontinuierliche Verbesserung genannt. Eine Lizenz gibt es noch nicht, daran arbeitet das Projekt gerade. Die Auto-Komponenten sollen weitgehend recyclebar und wiederverwendbar sein, so dass nur wenig Abfall entsteht und indviduelle Modifikationen leicht möglich sind.

Das Mobilitätskonzept von C,mm,n orientiert sich an den (angenommenen) Bedürfnissen im Jahr 2020. Zitat (eigene Übersetzung):

»Der Automobilist des Jahres 2020 wird nicht mehr ein passiver Konsument, sondern ein aktiver Mobilitätsproduzent sein.«

Aha. Öhm, das heißt? — Zwei Trends bilden den Rahmen für die C,mm,n-Entwicklung. Erstens: Weitere Entwicklung der mobilen und interaktiven Kommunikation. Zweitens: Der Verschmutzer wird zunehmend die sozialen Folgekosten selbst tragen müssen. Soweit das Projekt. Gehen wir mal ins Eingemachte.

Design

Der Charakter des Autos soll offen, einnehmend, freundlich und eigenwillig sein. Es soll Zusammenarbeit unterstützen, etwa durch das transparente Fensterdesign. Die äußere aerodynamisch günstige Gestalt ermöglicht das Konvoi-Fahren. Sogenannte Community-Boxes sind kleine Gepäckfächer am Auto, die von außen für autorisierte Personen zugänglich sind (etwa Lieferanten). — Hm, das ist schon komisch, wie einem egomanischen Ding wie einem Auto so etwa wie »Zusammenarbeit« als Eigenschaft beigefügt wird.

Antrieb

Zwei alternative Antriebe sind vorgesehen: Elektroantrieb auf Basis von Brennstoffzellen kombiniert mit einem Energiespeichersystem, dass u.a. beim Abbremsen regeneriert wird; skalierbarer Boxermotor, der mit Wasserstoff betrieben wird (einzelne Zylinder können ab- oder dazugeschaltet werden).

Informationstechnik

ADAS ist die Abkürzung für Advanced Driver Assistance System (etwa: erweitertes Fahrer-Assistenz-System) und bildet das zentrale Kommunikations- und Navigatonssystem an Bord. Alles ist Kommunikation: Kommunikation mit der Umgebung, mit anderen Fahrzeugen, mit Systemen zu Geschwindigkeitsregilierung, Warnung vor gefährlichen Verkehrsituationen, Unterstützung beim Fahrstreifenwechsel etc. 2020 soll das Konvoi-Fahren vieler Fahrzeuge im geringen Abstand möglich werden. — Skalierbare Eisenbahn mit Individualkabinen auf der Straße.

ADAS bietet viele Informationen über ein neues Interface: Karma (KAR Mobile Assistent). Karma ist ein physisch präsenter Assistent in der Nähe des Fahrers, der (das?) durch seine Gesichtsausdrücke und Stimme Informationen übermittelt. Ist das Auto zu schnell, ist der Assistent »besorgt«. Karma vermittelt empfangene Informationen in verständlicher Weise. — KI wurde gar erwähnt, klingt aber so.

Die Navigation ist als Ergebnis eines Community-Prozesses konzipiert. Durch Kommunikation und Zusammenarbeit entstehen in der Gemeinschaft schlaue Lösungen für Mobilitätsfragen. — So was wie CB-Funk 2.0? Ich weiss nicht so recht, vielleicht fehlt mir die Phantasie, weil ich so selten Auto fahre.

Das da Auto im Wortsinne »auto-mobil« ist, kann sich der Fahrer (resp. Fahrerin) von der Fahrbahn ab- und den Mitfahrenden zuwenden, einfach, indem der Sitz gedreht wird. Pause während des Fahrens.

Treibstoffe

Die »fossile Wirtschaft« nähert sich einem Ende, Alternativen müssen her, damit Auto-Mobilität bleibt. Sind Bio-Treibstoffe akzeptabel? Nein, wenn das solche Auswirkungen hat wie in Mexiko, wo die Bevölkerung sich die Tortillas nicht mehr leisten kann, weil in den USA der Mais zu Sprit raffiniert wird und die Preise drastisch anstiegen. Ja, wenn es gelingt aus Bio-Müll Treibstoff zu gewinnen (Bio-Treibstoffe 2.0).

Wasserstoff als Antriebmittel ist ambivalent. Wasserstoff ist einerseits umweltfreundlich und bei der Verbrennung CO2-neutral. Andererseits ist es selbst ja gar keine Energiequelle, sondern nur ein Energieträger. Das heißt, in der Gesamtbilanz hängt es davon ab, wie der Wasserstoff hergestellt wird. Solange »erneuerbare Energie« (beknackter Begriff: Energie ist nie erneuerbar) nur einen marginalen Anteil an Energieversorgung hat, ist Wasserstoff nur begrenzt eine Möglichkeit. Aber hier geht’s natürlich auch voran…

Fazit

Wer holländisch lesen kann, bekommt bestimmt noch mehr Informationen. Ich habe mich an der englischsprachigen Zusammenfassung auf der Website orientiert. Das C,mm,n-Projekt hat ziemlich viel Power und strahlt einen ganz schönen Optimismus aus. Es ist klar, dass Individualverkehr als gegebener Fakt zugrunde liegt, wenn man ein Auto-Projekt auf die Beine stellt. Indirekt werden die viele Probleme des Auto-Daseins angesprochen, etwa die inhärente Isolierheit. Ob nun wirklich ein Auto kommunikationsförderlich gestaltet werden kann, finde ich jedoch fraglich.

In der ersten Runde wurde das Basisprojekt OSCar vom Uni-Projekt mit Staatssupport klar abgehängt. Gibt es eine zweite Runde?

Zum Abschluss sei noch auf eine gänzlich konträre Perspektive verwiesen: »Selbst-Bewegung statt Auto-Mobilismus«

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