Frei Statt Facebook?

Seit ein paar Monaten gibt es im Web-2.0-Umfeld einen neuen Hype: Facebook. Gestartet ist es als soziales Studenten-Netzwerk (ähnlich dem hierzulande bekannteren studiVZ). Inzwischen hat sich aber nicht nur die Nutzergemeinschaft über das ursprüngliche Studi-Millieu hinausbewegt, sondern es kam vor allem eine soziale und technische Innovation hinzu, die es so bisher noch nicht gab: Das Portal wurde geöffnet zur Integration von Software von Drittanbietern. Das klingt erstmal unspektakulär, hat aber vermutlich weitreichende Folgen. Vermarktet wird das unter dem Schlagwort „Betriebssystem fürs Social Web“. Soll heißen: Jetzt muss nicht mehr jeder Anbieter sein eigenes Portal aufmachen und sich mühsam eine kritische Maße an Benutzern erarbeiten, man kann mit deutlich weniger Aufwand sich einfach in das bestehende soziale Netz von Facebook einklinken (und sich die Werbeeinnahmen teilen). Also ganz ähnlich wie bei der Einführung der ersten Betriebssysteme, die es ermöglichten nicht mehr die Hardware selber ansteuern zu müssen. Tatsächlich kommen nun täglich Dutzende neue Anwendungen und 150.000 User dazu. Viele neue Portale fangen gleich bei Facebook an und viele alte binden ihren Service dort ein.

Warum ist das für uns interessant: Ich hab ja schon kürzlich die These aufgestellt, dass mit den sozialen Netzwerken des Web-2.0 eine neue Verwertungsstrategie einzug hält in den Informationskapitalismus. Die direkte Verwertung von digitalen (Universal?)-Gütern wird immer schwerer, also verwertet man statt dem Content die sozialen Netzwerke, die ihn erzeugen. Daraus ergibt sich direkt die Frage: Wie sehen die Chancen für ein offenes und freies Facebook aus? Die Hürden sind auch hier weniger technischer Natur als darin, eine kritische Masse zu erreichen. Eine solche Plattform ist ja nur dann interessant für Anwendungsentwickler, wenn sie Zugang zu einem sozialen Netz gewährt, dass sie sich nicht erst aufbauen müssen. Nun gibt es aber leider noch kein offenes und freies soziales Netzwerk in entsprechend interessanter Größenordnung. Entscheidend dürfte sein, wie in den nächsten Monaten die Übernahmeschlacht rund um das (noch) eigenständige Facebook ausgeht. Zur Zeit werden ständig höhere Milliardensummen genannt, die die Big Player Facebook geboten hätten. Auch ist klar, dass diese bei so einem Ding auf jeden Fall dabei sein müssen, wenn sie ihren Status halten wollen. Je länger Facebook unabhängig bleibt umso schwieriger wird es für die Big Player ein alternatives „Betriebssystem“ zu etablieren. Und vielleicht werden sich dann irgendwann einige der Big Player eine freie und offene Alternative unterstützen um nicht dem neuen Monopolisten ausgesetzt zu werden. Besser wäre es, dann läge schon was vor… und noch besser wäre es, es wäre eine Lösung, die mit dezentraler Datenhaltung arbeitet und so die Datenschutzprobleme umgeht die ansonsten mit so einem Web-Betriebssystem verbunden sind.

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