Creative Commons und das Quellcode-Problem

Dieser Beitrag hat mich auf ein praktisches Problem mit den Creative CommonsShareAlike-Lizenzen aufmerksam gemacht, nämlich dass sie kaum etwas dafür tun, um den Zugang zum Quellcode modifizierter Werke sicherzustellen. In der aktuellen deutschen Attribution-ShareAlike-Lizenz heißt es lediglich:

Sie dürfen eine Bearbeitung nicht mit technischen Schutzmaßnahmen versehen, die den Zugang oder den Gebrauch der Bearbeitung in einer Weise kontrollieren, die mit den Bedingungen dieser Lizenz im Widerspruch stehen. (§4b.)

DRM ist also verboten, aber ansonsten gibt es keinerlei Verpflichtung, Modifikationen in einer Weise zugänglich zu machen, die eine Weiterverbreitung oder weitere Veränderungen ermöglicht – ein „Recht auf Quellcode“ gibt es nicht. Text, der nur als PDF verbreitet wird, müsste also ggf. neu gesetzt werden (v.a. komplexe Elemente wie Formeln lassen sich aus PDFs kaum vernünftig extrahieren); gedruckte Bücher müssten eingescannt werden; Filme, die nur im Kino gezeigt werden, gar von der Leinwand abgefilmt werden – und das, obwohl sie Inhalte enthalten, die von anderen unter eine ShareAlike-Lizenz gestellt wurden und somit selbst dieser Lizenz unterliegen.

Ohne ein „Recht auf Quellcode“ bleibt der „ShareAlike“-Grundsatz leider sehr zahnlos – was nutzt ein Recht auf Modifikation, wenn man nicht auch die Möglichkeit dazu hat? IMHO ein ernstzunehmender Einwand gegen die Creative Commons-ShareAlike-Lizenzen.

Schade drum, insbesondere da die andere weit verbreitete Copyleft-Lizenz für Inhalte – die GFDL – ja auch ihre Problemen hat (v.a. macht ihre Anforderung, den kompletten Lizenztext immer mitzuliefern, sie für viele Zwecke einfach unbrauchbar). Die Design Science License, die recht knapp und elegant ist und auch von der Free Software Foundation als “free and copyleft” anerkannt wird, könnte eine Alternative sein – aber andererseits ist „Copyleft-Proliferation“ ja auch ein Übel…

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