Monat: Oktober 2007

Wikinomics: Nackt und fit?

»Wikinomics« — das ist der »neue Kapitalismus mit einer Prise sozialistischer Teilhabe«. Das meint jedenfalls Don Tapscott, Autor des gleichnamigen Buches. brandeins hat den Kreator des Begriffs interviewt.

Um es auf den Punkt zu bringen: Peer-Ökonomie als Kapitalismus gestrickt. Die Widersprüche sind nicht zu überlesen: Der Kaiser ist »nackt«, aber nicht mehr »fit«.

[Dank an Uli für den Hinweis]

Unterirdischer Jungle

Ich lese ja seit Jahren regelmäßig die Jungle World, und weiß sie durchaus zu schätzen. Leider ist das halt nunmal die einzige linke Wochenzeitung, die nicht so extrem staubtrocken ist und wo man auch mal was zu lachen hat (vor allem natürlich wegen den super Comics). In all den Jahren hab ich mich auch eigentlich nun wirklich an ihr ärgerliches, rituelles und meist ebenso uninspiriertes wie uninformiertes Bewegungsbashing gewöhnt und nehme es als lästige Randerscheinung hin. Aber diese Woche schießen sie mal wieder den Vogel ab. Sie schreiben über Freie Software. Der Artikel wimmelt nur so von haarsträubenden Fehlern („Red Hat war die erste Firma, die mit dem Verkauf freier Software Geld verdiente.“). Auch generell wird überhaupt nicht das Phänomen Freie Software als Produktionsweise untersucht sondern nur anhand der Äußerungen von Teilen der Bewegung, dass sie keinen Kommunismus wollten, darauf geschlossen, dass das wohl dann auch nix mit Emanzipation zu tun haben kann. Ganz clever. Und dann wird sogar behauptet, die Freie Software Bewegung sei anti-amerikanisch.  Die wiki(kalifornische Ideologie) ist also anti-amerikanisch, brilliant.

Aufhänger des Artikels waren die aktuellen Entwicklungen rund um den Mail-Client Thunderbird. Was mich sehr wundert, ist, dass es vom selben Autor (Carsten Schnober) einen durchaus sachlichen und interessanten Artikel zum selben Thema im Linux-Magazin gibt. Dort wird tatsächlich zumindestens ansatzweise das schwierige Verhältnis zwischen Kommerz und Community beleuchtet, was ja eine wichtige Sache ist. Nur wieso ist das im Jungle nicht auch möglich? Hat da jetzt die Redaktion reingepfuscht oder ist dem Autor angesichts  des linken Publikums der Gaul durchgegangen?

Weltraumkommunismus

Ein wirklich sehr schönes Streitgespräch lieferten sich Captain Jainway (aus Star Treck, gespielt von Daniel Kulla) und Ijon Tichy (von Stanislaw Lem, gegeben von Oona Leganovic) auf dem letzten CCC. Thema: „Weltraumkommunismus“. Dafür sind sie beide nur können sie sich nicht einigen, was zuerst kommen soll, der Weltraum oder der Kommunismus. Jetzt gibt es endlich das Video dazu (Vorsicht: 144 MB!). Lasst euch nicht durch das lange Intro abhalten, es lohnt sich. Via classless.

ABC der Alternativen

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung hat ein „ABC der Alternativen“ rausgebracht, wo die unterschiedlichsten Ansätze vorgestellt werden. Ein Teil der Stichwörter ist online. Unter anderem auch einen Artikel von Sabine Nuss zum Thema „Open Source„, der mit folgendem Fazit endet:

Die Produktionsweise von Open Source Software zeigt also, dass effiziente und effektive Produktion außerhalb der Marktzwänge möglich ist. Sie widerlegt damit die These der bürgerlichen ökonomischen Theorie, dass nur Privateigentum Anreiz für Produktivität, Effizienz und Innovation schaffen würde. Open Source ist jedoch nicht per se eine Alternative zur kapitalistischen Produktionsweise. Sie bildet nicht bereits den »Keim« einer künftigen kommunistischen Gesellschaft. Das emanzipative Potenzial von Open Source oder Freier Software liegt vielmehr in ihrer Funktion als Türöffner für Debatten über nicht-marktförmige Produktionsweisen, sie macht alternative Gesellschaftsformen sicht- und denkbar.

So ähnlich sehe ich das durchaus auch. Ich würde die Produktionsweise aber weniger negativ als „frei von Marktzwängen“ beschreiben, als vielmehr positiv als „(in weiten Teilen) selbstorganisert, global und wertfrei“. Ich finde dann merkt man auch viel eher, dass das zwar noch nicht der Kommunismus ist, aber immerhin etwas, was sonst leider noch alles andere als alltäglich ist. „Frei von Marktzwängen“ ist auch die Bundeswehr 😉

Peerconomy-Buch erschienen

Es hat etwas länger gedauert als gehofft, aber meine Einführung in die Peer-Ökonomie ist jetzt auch als gedrucktes Buch verfügbar. Wer an einem Exemplar interessiert ist, kann es ab sofort im Peerconomy-Wiki bestellen. Bei Onlinebestellung kommen zu den 9,50 EUR für das Buch (156 Seiten) noch 2,50 EUR Versandkosten, die ich leider nicht vermeiden kann (die tatsächlichen Versandkosten sind noch höher). Aber das ist dieser revolutionäre Text schon wert 🙂

Singularität

So heißt ein sehr lesenswerter Science-Fiction Roman von Charles Stross. Darin wird sehr schön das Thema Technikdeterminismus aufs Korn genommen. In irgendeiner hinterwäldlerischen Kolonie, in der moderne Technik inklusive der „Füllhorn-Technik“ verboten ist, regnet es eines Tages Telefone vom Himmel, die jeden Wunsch erfüllen, wenn man ihnen nur eine interessante Geschichte erzählt. Das freut besonders den leninistischen Untergrund,  doch auch die werden sich noch wundern. Sehr spaßig zu lesen … vielleicht bis auf die etwas langatmigen Raumschlacht-szenen die etwas sehr mit dem SF-typischen Technobabbel überfrachtet sind. Aber selbst das ist ganz lustig weil das Technobabbel umso größer ist umso rückständiger die benutzte Technologie ist.

Übersetzer/innen gesucht

Da schon einige Leute den Wunsch geäußert haben, mein Buch zur Peer-Ökonomie auch auf Deutsch lesen zu können, habe ich im Wiki zum Thema ein Übersetzungsprojekt ins Leben gerufen. Einige Freiwillige haben sich schon gemeldet, und ich werde selbst einen größeren Batzen übersetzen, aber damit das was wird, brauchen wir noch mehr Unterstützung.

Wer sich also beteiligen möchte, ist herzlich willkommen! Ein Kapitel oder ein halbes zu übersetzen sollte nicht so lange gehen, würde aber schon helfen. Außerdem ist Übersetzen eine gute Gelegenheit, Englischkenntnisse und Sprachgefühl aufzubessern (ich spreche da aus Erfahrung 🙂 ).

Wer sich beteiligen möchte, bitte in die Liste im Wiki eintragen, um Doppelarbeit zu vermeiden. Eine Wortliste mit Übersetzungsvorschlägen für das neue bzw. spezialisierte Vokabular gibt es dort auch.

Birma-Sein und Keimform-Bewußtsein

Puh, das ist mal ne sperrige Überschrift! Ok, die Aktion „Free Birma“ haben wir wohl verschlafen. Obs schade drum ist? Keine Ahnung. Sowas ist sicherlich nicht ganz ohne Wirkung aber sicherlich wohl auch eher ein Akt der Hilflosigkeit angesichts von medientransportierter Grausamkeit am anderen Ende der Welt. Dennoch durchaus verständlich finde ich.

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